Die Behandlung von Modellen, das Aufstellen von Modellierungsvorschriften und die Beurteilung der erzielten Ergebnisse machen eine Beschreibung der Arbeitsgrundlage notwendig. Was sind Modelle?
Allgemein sind es vom Menschen in einem kreativen Vorgang geschaffene Nachbildungen der Realität. Aus dieser groben Definition heraus folgt, daß bei einem Modell immer mit Abweichungen zu rechnen ist, da auch bei höchsten Genauigkeitsanforderungen eine Nachbildung nie das Original erreichen kann. Da das Modell in einem kreativen Prozeß entsteht, können sich bei Betrachtung von verschiedenen Blickwinkeln unterschiedliche Modelle zum selben Sachverhalt ergeben. Ein Vergleich und eine Wertung von Modellen ist deshalb meist nur von einem bestimmten Standpunkt aus unter gegebenen Rahmenbedingungen möglich. Im technischen Sinn ist ein Modell aber auch eine Sammlung von Expertenwissen, das aufbereitet und zur Verfügung gestellt wird. Aus dieser Dienstleistung heraus resultiert dessen Wert und ein Anspruch auf Schutz der Eigentumsrechte. Da das Modell nicht nur der Darstellung, sondern der stellvertretenden Verwendung für das Original dienen soll, ergibt sich daraus eine Verantwortung des Modellierers an die Einhaltung vorgegebener Gütemerkmale.
Speziell für die Simulation werden zur Lösung naturwissenschaftlicher Probleme mit Hilfe der Rechentechnik Berechnungsvorschriften gebraucht, welche diese Probleme in einer für den Rechner lösbaren Form beschreiben. Mathematisch formulierte Beziehungen für einen real gegebenen Sachverhalt sind der eigentliche Kern der Modelle. Die einfachste Form der Beschreibung eines realen Systems mit mathematischen Mitteln ist eine lineare Gleichung. So stellt der Proportionalitätsfaktor zwischen Strom und Spannung das Modell eines elektrischen Widerstands dar. Die Berücksichtigung des zeitabhängigen Verhaltens eines Modellgegenstandes führt zu Differentialgleichungen DGL. In einfachen Fällen ist hier noch eine Lösung per Hand möglich. Erst die Kombination einer größeren Anzahl linearer, nichtlinearer und zeitabhängiger Beziehungen führt zu Differentialgleichungssystemen die nur noch arbeitspunktbezogen mit Hilfe eines Rechners iterativ gelöst werden können. Aus Gründen der Verständlichkeit und der Nachvollziehbarkeit werden die DGL in den seltensten Fällen direkt, sondern meistens über stellvertretende äquivalente Formen eingegeben. Das Generieren des Gleichungsystems aus den Äquivalenzformen wird dem Softwaresystem, einem analogen Simulationsprogramm, überlassen.
Inhalt und Form der Modelle werden vom späteren Einsatzzweck geprägt, beide ermöglichen eine Untergliederung der Menge aller denkbaren Modelle für den gleichen Sachverhalt. Aus dem Einsatzzweck werden die Anforderungen und die zulässigen Fehlergrenzen für ein Modell abgeleitet. Daraus ergeben sich die Kriterien für die Wahl des geeignetsten Modellansatz. Unter Beachtung dieser Punkte und der Möglichkeiten des verwendeten Simulators kann die für die Modellerstellung günstigste Beschreibungssprache und die Hierarchieebene, auf der das Modell anzusiedeln ist, ausgewählt werden.
Der Erfolg, der sich bei der Modellierung einstellen soll, ist gleichfalls von den Fähigkeiten des Modellierers abhängig, so daß auch für diesen Anforderungen zu formulieren sind. Wegen des benötigten Wissens über den inneren Aufbau der Halbleiterbauelemente werden viele Modelle vom Bauelemente-Experten mit Kenntnissen vom Hersteller für den Schaltungsentwickler als Anwender erstellt, ohne das dabei vorhandenen Unterschiede in den Anforderungen und der Betrachtungsweise berücksichtigt werden.
Für die hier betrachteten Modelle von Halbleiterbauelementen sind
die Einsatzgebiete die Schaltungen der Leistungselektronik mit ihrem Umfeld
und der Haupteinsatzzweck die Schaltungsanalyse. Ziele der Simulation sind
Dimensionierung und Optimierung der Schaltungen, Auswahl von Bauelementen,
Verlustermittlung und Untersuchungen zu Störfällen oder Wechselwirkung
zwischen Informationsverarbeitung in einer Steuerung bzw. Regelung und
dem Leistungsteil. Die modellierten Bauelemente werden in der Regel im
schaltenden Betrieb zur Dosierung eines Energieflusses verwendet. Die Betrachtung
erfolgt im Zeitbereich, so daß die Modelle für die Transientenanalyse
ausgelegt werden müssen.
|
|
Verfügbarkeit,
Übereinstimmung mit den auf dem Markt befindlichen Bauelementen |
- Schnelle Aktualisierung muß möglich sein
- Hersteller bietet fertige Modelle oder Parametersätze für vorhandene Modelle zum Produkt an - einfache Parametrisierbarkeit bei Bedarf, mit vorhandenen oder äußerlich bestimmbaren Parametern - Vorgabe von Default-Werten |
geringe Kosten | - Einsatz einer flexiblen Modellierungssprache
- ein Modell für gesamte Produktfamilie - Portabilität auf verschiedene Simulationssysteme |
genaue, vertrauenswürdige Ergebnisse | - realitätsnahe Nachbildung des statischen und dynamischen Klemmenverhaltens
- Unabhängigkeit vom Verwendungszweck - Nachvollziehbarer, offengelegter Aufbau |
Schnelles erzielen von Ergebnissen,
geringer Rechenzeitbedarf |
- einfache, kompakte Strukturen im inneren Aufbau
- Verzicht auf unbenötigte Modelleigenschaften - Modelle verschiedener Hierarchieebenen (= Anzahl der berücksichtigten Eigenschaften), die angepaßt an die Simulationsstufe eingesetzt werden |
Einsatz unter vergleichbaren Bedingungen wie das reale Bauelement | - Verwendung elektrischer Anschlüsse für elektrische Bauelemente,
- Berechnung von Größen mit realen physikalischen Bezeichnungen |
hohe Konvergenzsicherheit in der Simulationsschaltung | - in sich geschlossene Modellierung von analogen Bauelementen für
den gesamten Arbeitsbereich
- Definition von Übergangsbedingungen ohne Unstetigkeiten bei Zustandsmodellierung |
Der Widerspruch zwischen Verfügbarkeit aktueller Modelle und geringen Kosten ist nur durch Parametrisierung der Modelle nach Bedarf durch den Nutzer zu lösen. Im Idealfall müßten existierende Modelle für eine Produktfamilie mit bauelementespezifischen Parametersätzen vom Hersteller versorgt werden, welche dieser gleichzeitig zum Verkauf seiner Bauelemente mitliefert. Wegen der gegenwärtigen guten Konjunktur auf dem Leistungshalbleiter-Markt besteht kein Zwang zu einem solchen Extraservice, so daß die benötigten Parameter vom Nutzer direkt oder indirekt aus dem Datenblatt bzw. durch Messungen an den Anschlußklemmen zu gewinnen sind. Für die Modellerstellung ergibt sich daraus, daß nur die dem Nutzer zur Verfügung stehenden oder äußerlich bestimmbaren Parameter verwendet werden. Die Modelle sind mit Parametrisierungsvorschriften zu versehen.
Negativ auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der Modellerstellung wirkt sich das Fehlen einer Standardbeschreibungssprache für analoge Modelle aus. Statt dessen existieren eine Vielzahl von Simulatoren mit Unterschieden im Verbreitungsgrad, in der Erfüllung leistungselektronischer Ansprüche und den Möglichkeiten und Formen zur Umsetzung von Modellen. Daraus folgt aus Gründen der Kostensenkung bei der Modellerstellung die Notwendigkeit der Portabilität für Modelle. Sie sollten so erstellt werden, daß eine komplikationslose Übertragung auf verschiedene Softwaresysteme möglich ist. Als ein Quasi-Standard gelten bisher elektrische Ersatzschaltungen, wie sie in Form von Netzlisten seit Einführung des Spice-Simulators bekannt sind. Der Verwendung eines kleinsten gemeinsamen Nenners aus Ersatzschaltelementen steht als Nachteil gegenüber, daß die softwarespezifischen Möglichkeiten zur Modellierung stark reduziert werden. Damit werden die Modelle umfangreicher und der Simulationszeitbedarf höher als es notwendig wäre. Portabilität verspricht auch die Programmierung von Modellen mit einer häufig verwendeten Programmiersprache, wie z.B. "C" und die Einbindung über eine entsprechende Schnittstelle. Allerdings existieren auch hier unterschiedliche Formen der Programmiersprache und es verfügen auch nicht alle Simulatoren über die benötigte Schnittstelle, welche auch auf die Schrittweite des Simulators rückwirkt.
Aus kommerzieller Sicht ist als Vorausbedingung die Simulationsplattform auf Personalcomputer oder workstation zu wählen. Wegen der höheren Verfügbarkeit und der größeren Anzahl von potentiellen Nutzern bietet die PC-Basis bessere Absatzchancen, stellt aber auch höhere Anforderungen an den effektiven Umgang mit dem Simulationszeitbedarf. Da eine Übertragung vom PC auf die teurere und leistungsfähigere workstation-Ebene leichter möglich ist als umgekehrt, ist eine Orientierung auf PC-basierende Modellierungstechniken und Werkzeuge empfehlenswert. Für die Zukunft ist abzusehen, daß die Grenzen zwischen beiden Systemen in der Leistungsfähigkeit der hardware und dem Funktionsumfang der Simulationswerkzeuge zunehmend verwischt werden. Gleichzeitig wird an einem Standard für eine Beschreibungssprache für analoge Modelle gearbeitet.
Kommerzielle Gesichtspunkte für die Anwendung der Modelle sind neben dem Anschaffungspreis, was bei Selbstnutzung dem Zeitaufwand der Modellerstellung entspricht, die verursachte Rechenzeit bei der Simulation und der Zeitaufwand zur Parametrisierung der Modelle bzw. der Wartung von Modellbibliotheken. Bei der Auswahl des Modellansatzes ist darauf zu achten, daß diese Zeiten gering gehalten werden.
Ein dritter Schwerpunkt zur Beurteilung von Modellen ist neben der Verfügbarkeit und den Kosten die Vertrauenswürdigkeit der Simulationsergebnisse. Vom Modell werden Eigenschaften verlangt, die dem realen Objekt in guter Näherung entsprechen. Ein Idealfall wäre es, wenn das Modell eines Bauelementes zugleich eine Garantieerklärung für die Richtigkeit des Verhaltens in einer simulierten Schaltung enthielte. Dann würden die Simulationsergebnisse bei hinreichender Modellierung des Schaltungsaufbaus auch Aussagen über die Einhaltung von Garantieerklärungen dieser Schaltung liefern.
Werden die vorrangegangenen Bedingungen erfüllt, ist der konkrete innere Aufbau des Modells für den Anwender uninteressant, für ihn wäre nur das Verhalten an den Anschlußklemmen entscheidend. In diesem Fall könnte eine verschlüsselte Weitergabe der Modelle zur Wahrung der kommerziellen Interessen des Modellierers erfolgen. Bei verschlüsselten Modellen ist dem Nutzer der interne Modellaufbau nicht zugänglich, ihm bleibt nur das Vertrauen auf die Gültigkeit der erzielten Ergebnisse. In der Realität immer vorhandene Modellfehler müssen von ihm übernommen werden und können in bestimmten Anwendungen zu falschen Ergebnissen führen. Daraus folgt die Notwendigkeit einer besonders kritischen Analyse der Simulationsergebnisse, das durch den fehlenden Zugriff auf modellinterne Daten erschwert wird. Die offenen Weitergabe der Modelle ermöglicht es dem Nutzer, Anpassungen an konkrete Besonderheiten der Simulationsaufgabe vorzunehmen. Die eigenständige Parametrisierung und die Auswahl der notwendigen Hierarchieebene durch den Nutzer, wie es für Modelle leistungselektronischer Bauelement angestrebt wird, ist nur sinnvoll im Zusammenhang mit einem offengelegten und zugänglichen Modellaufbau. Die offene Modellform ist der verschlüsselten in jedem Fall vorzuziehen. Ein übersichtlicher und nachvollziehbarer Modellaufbau erhöht außerdem das Vertrauen in die erzielten Ergebnisse und fördert den Einsatz der Simulation als Entwicklungswerkzeug. Dazu trägt auch eine Modellierung in einer für den Schaltungsentwickler vertrauten Umgebung bei. Das Verschlüsseln von Modellen sollte nach Möglichkeit den Halbleiterherstellern vorbehalten sein, um technologische Geheimnisse, die durch Modellaufbau oder Parameter offengelegt werden könnten, zu schützen.
Der Schaltungsentwickler möchte das Modell eines Bauelementes unabhängig von den Schaltungsbedingungen einsetzen können und in jedem Fall richtige Ergebnisse ermitteln. Dies bedingt eine Berücksichtigung aller Eigenschaften im gesamten denkbaren Arbeitsbereich und führt zu umfangreichen Modellen. Aus dem direkten Zusammenhang zwischen Modellumfang und Rechenzeitbedarf ergeben sich somit lange Rechenzeiten, die sich negativ auf die Entwicklungskosten auswirken. Eine zeiteffektive Simulation gebietet es, anstatt mit höchstmöglicher nur mit notwendiger Genauigkeit zu arbeiten und erfordert Modelle, die in ihrer Komplexität an die Simulationsebene angepaßt sind.
Die tatsächlich benötigten Modelleigenschaften und Genauigkeitsanforderungen ändern sich mit der aktuellen Simulationsaufgabe. Verschiedene Problemstellungen können unterschiedliche Modelle des selben Gegenstandes erfordern. Die Eignung eines Modells ist daher immer auf einen oder mehrere Anwendungsfälle bezogen. Der Widerspruch zwischen der Unabhängigkeit des Modells von Einsatzbedingungen und einem hinsichtlich Rechenzeitbedarf auf die Simulationsaufgabe optimierten Modell ist nur durch den Anwender durch Auswahl der geeigneten Hierarchieebene und Modellkomplexität zu lösen ( #Kap. 2.2.1 ). Bei der Modellerstellung sind solche Auswahlmöglichkeiten zu berücksichtigen. Die Modelle müssen bei Fremdnutzung mit Einsatzhinweisen und Abgrenzungen ausgestattet werden. Neben den Simulationszeiteinsparungen für den Anwender ergeben sich mit abgestuftem Modellaufbau auch Vorteile für den Modellierer. Die Parametrisierung und Verifikation ist in Teillösungen einfacher durchzuführen als für das komplette Gesamtprodukt.
Zur Reduzierung des Modellumfangs trägt auch die Verwendung der effektivsten softwarespezifischen Lösungen bei. Dies bedeutet aber eine Beschränkung auf eine bestimmte Nutzergruppe und steht im Widerspruch zur angestrebten Portabilität. Neben dem Umfang wirkt sich auch das Konvergenzverhalten des Modells auf die verursachte Simulationszeit aus. Es sind Mittel einzusetzen, die den Simulator bei der iterativen Lösung der DGL-Systeme unterstützen.
Da als Verwendungszweck die Schaltungsanalyse vorgesehen ist, sind darüber hinaus Kenntnisse über Einsatzgebiete des Modellierungsgegenstandes, bis hin zu ungewöhnlichen Anwendungen notwendig. Nur so können die für die verschiedenen Anwendungsfälle relevanten Eigenschaften bestimmt und gegebenenfalls Abgrenzungen getroffen werden. Erst aus dem Zusammenspiel von Kenntnissen über den Modellgegenstand und über mögliche Ziele der Schaltungssimulation ist eine Auswahl zwischen notwendigen und vernachlässigbaren Eigenschaften zu treffen. Gemäß den Modellanforderungen sollte sich in Abhängigkeit von der Simulationsaufgabe der Umfang des Modells ändern. Zum Herausarbeiten der wesentlichen Eigenschaften aus dem physikalischen Verständnis heraus ist ein Abstraktionsvermögen erforderlich.
Die Umsetzung eines Modellansatzes in eine für das Simulationssystem verständliche Form erfordert vom Modellierer gute Kenntnisse der ausgewählten Software und der darin gebotenen Möglichkeiten. Bei der Auswahl der geeignetsten Beschreibungsformen müssen der entstehende Rechenzeitbedarf und der Lösungsalgorithmus des Simulators für gut konvergierende Modelle von ihm berücksichtigt werden. Für den Fall einer gewünschten Übertragbarkeit zwischen verschiedenen Softwaresystemen müssen deren Gemeinsamkeiten bekannt sein. Er muß abschätzen, in wie weit nicht kompatible, aber besonders geeignete Beschreibungsformen mit geringem Aufwand in eine adäquate Form übertragen werden können.
Es ist bekannt, daß ein direkter Zusammenhang zwischen Modellumfang und Simulationszeit existiert. Je größer die Anzahl der berücksichtigten Eigenschaften und damit der Gültigkeitsbereich des Modells ist, desto größer wird der vom Modell verursachte Rechenzeitbedarf. Jede modellierte Eigenschaft eines Bauelementes verursacht zusätzlichen Berechnungsaufwand für den Simulator, auch wenn die Eigenschaft keinen Einfluß auf den augenblicklichen Betriebszustand ausübt. Überdimensioniert ist ein Modell dann, wenn es Eigenschaften besitzt, die zur Lösung der Simulationsaufgabe unerheblich sind, bzw. deren Beitrag zum ermittelten Ergebnis vielfach kleiner als der Vertrauensbereich einer Simulation ist.
Weiterhin ist bekannt, daß in die Genauigkeit der erreichbaren Ergebnisse der Modellfehler mit eingeht, mit anderen Worten, die Simulation kann nur so gut wie die verwendeten Modelle sein. Diese Feststellung läßt aber auch den Umkehrschluß zu, daß die Modelle nur so gut zu sein brauchen, wie es die Lösung der Simulationsaufgabe bedingt. Deshalb lautet einer der wichtigsten Grundsätze bei der Simulation: Nur solche genauen Modelle einsetzen, wie es zur Lösung der Simulationsaufgabe notwendig ist!
Für den Aufbau der Modelle folgt aus beiden vorrangegangenen Aussagen, daß eine Abstufung in den realisierten Eigenschaften möglich sein muß. Modellhierarchien mit einem differenzierten Modellumfang stellen ein geeignetes Mittel zur Reduzierung des Simulationszeitbedarfes dar. Je feiner abgestuft wird, um so besser läßt sich der Modellumfang an die Simulationsaufgabe anpassen. Praktikabel sind für Modellersteller und Anwender nur 2 bis maximal 4 Stufen, bei besonders komplexen Modellen bietet sich ein Baukastenprinzip an (siehe Kap 6.2.2).
Für die richtig Auswahl der Modellstufe gemäß der Simulationsaufgabe
ist der Anwender verantwortlich. Die ersten beiden Modellebenen in Tabelle
2.2 sind vorzugsweise für Simulationen auf der Geräteebene einzusetzen,
wogegen die Modelle der beiden höheren Ebenen eher für Anwendungen
auf der Bauelementeebene zu favorisieren sind. Die aufgezählten Anwendungen
stehen stellvertretend für in etwa gleichliegende Aufgabenbereiche
und können nicht vollzählig sein. Der zur Anwendung notwendige
Modellumfang ist auf schaltende Leistungshalbleiter bezogen.
Hierarchie
-ebene |
Anwendung | Modellumfang |
1 | Nachweis der Funktionsfähigkeit,
Studium ihrer Funktionsweise einer Schaltung, Ermittlung von Netzrückwirkungen bei niedrigen Frequenzen |
Leiten: ron -> 0; Sperren: roff -> Inf.
, ideales Schaltverhalten, logische Ansteuerung
idealisiertes Schaltermodell |
2 | Bestimmung von Verlustleistungen und Erprobung von Steuer- oder
Reglerkonzeptionen bei niederen Schaltfrequenzen |
Ergänzung des realen Durchlaß- und Sperrverhaltens
statisches Modell des Leistungshalbleiters |
3 | Bestimmung der totalen Verlustleistung, Untersuchungen des Schaltverhaltens
mit Einfluß von parasitären Elementen, Auswahl von Beschaltungsmaßnahmen,
Einfluß von Verzögerungszeiten bei hochdynamischen Prozessen |
Ergänzung des realen Schaltverhaltens, Berücksichtigung des
Einflusses der Ansteuerung
dynamisches Modell des Leistungshalbleiters |
4 | Spezielle Anwendungsfälle in Randgebieten des Arbeitsbereiches,
Untersuchungen zum Verhalten bei Eigenerwärmung und in Havariesituationen, Wirksamkeit der Schutzkonzeption |
Ergänzung von temperaturabhängigen Komponenten und thermischer
Ersatzschaltung, Zerstörungsmechanismen,
Schutz- und Überwachungsfunktionen von SPE dynamisches Modell mit anwendungsspezifischen Zusatzfunktionen |
Für das Konvergenzverhalten des Modells bei der Simulation ist es oft besser, wenn für Anwendungen der Ebene 1 anstatt des idealen Schalters ein statisches Modell gemäß Hierarchieebene 2 eingesetzt wird. Die Arbeit mit realen Widerständen und kontinuierliche Übergängen zwischen den Schaltzuständen erleichtert das Konvergieren bei der Lösung der DGL-Systeme. Der Rechenaufwand durch den größeren Modellumfang wird durch eine gering Anzahl von Iterationen kompensiert, so daß kaum ein Einfluß auf die benötigte Rechenzeit zu erwarten ist. Zusätzlich zu den Simulationsaufgaben der Ebene 1 können Problemstellungen mit niederen Schaltfrequenzen untersucht werden. Dann werden zur Verlustbestimmung oder zur Untersuchung und Optimierung von Steuerungen bzw. Regelungen statische Modelle ausreichend sein. Die Frequenzgrenze ist abhängig vom Bauelementtyp. Voraussetzung ist, daß Schaltzeiten und Schaltverluste eine vernachlässigbare Rolle spielen.
Ist diese Bedingung nicht erfüllt und soll die Gesamtleistungsbilanz unter Einbeziehung der dynamische Verluste erstellt werden oder sind hochdynamische Steuer- und Regelvorgänge zu untersuchen, müssen dynamische Modelle mit den für die Ebene 3 beschriebenen Eigenschaften eingesetzt werden. Gleiches gilt für die Untersuchung aller Effekte und Schaltungsteile, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Schaltvorgang entstehen. Die angesprochenen Effekte sind beispielsweise die Auswirkungen von Streuinduktivitäten, Speicherladungen in den Halbleitern oder Verschiebeströme und Resonanzerscheinungen mit Halbleiterkapazitäten. Bei den Schaltungsteilen handelt es sich u.a. um Entlastungschaltungen oder Ansteuerschaltungen, die mit Hilfe der Simulation dimensioniert werden können.
Für die meisten Anwendungsfälle in der Schaltungssimulation werden Modelle der Hierarchieebenen 2 und 3 ausreichend sein. In einigen besonderen Fällen wird von den Modellen die Berücksichtigung weiterer Halbleitereigenschaften gewünscht. Dazu gehören Eigenerwärmungseffekte und Zerstörungsvorgänge durch Überlastung. Bei den Zerstörungsvorgängen ist keine scharfe Abgrenzung zwischen den Ebenen 3 und 4 möglich, so werden Spannungsdurchbrüche oft in Modellen der Ebene 3 realisiert, wogegen Überlastungen durch Strom, Temperatur oder transiente Vorgänge den Modellen der Ebene 4 zuzuordnen sind. In die gleiche Hierarchieebene sind die in Modulbauweise integrierten Schutz- und Überwachungsfunktionen von Smart-Power-Elementen einzuordnen. Auf Grund des bereits angesprochenen Simulationszeitbedarfs und des erhöhten Parametrisierungsaufwands sollte der Einsatz dieser Modelle auf die Untersuchung der ausgewählten Eigenschaften beschränkt bleiben, in vielen Fällen sind gleiche Effekte durch einfachere Ersatzlösungen zu erreichen.
Für den Nutzer gehören Aktualität und nutzerfreundliche Handhabung zu den wichtigsten Kriterien. Für den Modellierer bzw. die vertreibenden Einrichtungen stehen kommerzielle und wettbewerbsbedingte Gründe im Vordergrund. Aus beiden Anforderungen entsteht die Diskussion um die offene oder verschlüsselte Weitergabe der Modelle, d.h. ob dem Nutzer Einblick in den Modellaufbau mit der Möglichkeit der Veränderung gegeben werden soll oder nicht. Die Erläuterungen zu den Modelleigenschaften haben gezeigt, daß unter den gegebenen Besonderheiten für leistungselektronische Bauelemente offene Modelle zu bevorzugen sind.
Aus der Sicht des Nutzers wird angestrebt, daß unter dem Oberbegriff des Bauelementetyp das konkret bezeichnet Bauelement ohne zusätzlichen Parametrisierungsaufwand ausgewählt werden kann. Diesem Wunsch am nächsten kommt eine Bibliothek mit fertigen, vorparametrisierten Modellen für das genau bezeichnete Produkt. Dies ist auch die häufigste anzutreffende Form und wird mit Erfolg vor allem für Bauelement der Signalverarbeitung genutzt. Vorparametrisierte Bibliotheken werden meistens Modelle der Hierarchieeben 3 enthalten.
Wie die Diskusion um das Kosten/Nutzenverhältnis in Kap. 2.1.1 gezeigt hat, ist ihre Eignung für leistungselektronische Bauelemente umstritten, da die Anzahl der Anwendungen pro Modell bezogen auf die Erstellungskosten viel zu gering sind. Außerdem sind solche Bibliotheken, wenn sie nicht sorgfältig vom Halbleiterhersteller selbst oder dem Softwareanbieter gepflegt werden, meist veraltet. Die Generationsfolge der Bauelemente und neue Halbleiter erfordern eine jährliche Aktualisierung der Bibliotheken. Der einsetzende Trend, daß Hersteller zum Datenbuch die parametrisierten Modelle für ihre Halbleiter anbieten, hat sich in letzter Zeit nicht weiter fortgesetzt. Hauptursachen sind die hohen Kosten bei der Modellerstellung, der fehlende Konkurrenzdruck und eine nicht vorhandene Standardisierung der Modellsprache, die die Portabilität zwischen verschiedenen Simulatoren verhindert.
Eine Möglichkeit zur Verminderung des Widerspruchs zwischen Nutzeranforderungen und kommerziellen Möglichkeiten der Modellerstellung ist die Förderung mit öffentlichen Mitteln. Auf diesem Weg ist beispielsweise in einem Verbundprojekt die "Modellbibliothek für komplexe analoge Bauelemente" /Biblio/ entstanden. In diesem Projekt wurden zur Sicherung der Portabilität auf verschieden Simulationsplattformen Netzlisten auf Spice-Niveau als einheitliche Modellierungssprache gewählt. Der Vorteil der Portabilität mußte mit Einschränkungen in den Modellierungsmöglichkeiten erkauft werden. Wegen der öffentlichen Förderung sind die Modelle offengelegt und stehen jedermann zur Verfügung. Problematisch bleibt nach dem Ende eines solchen Projektes die Aktualität der vorparametrisierten Modelle.
Die besonders für leistungselektronische Modellbibliotheken akuten Probleme der Finanzierbarkeit und der Aktualität können durch Bibliotheken mit unparametrisierten Modellen eines Bauelementetyps gemindert werden. Unter Bauelementetypen sind u.a. die Transistorarten zu verstehen, deren Modelle abgestuft in Hierarchieebenen in dieser zweiten Bibliotheksart enthalten sein können. Sie sind vom Nutzer selbst zu parametrisieren. Die Übergabe von Modellparametern erfolgt beim Modellaufruf. Um dem Nutzer die Parametrisierung zu ermöglichen, müssen die Modelle mit Parametrisierungsvorschriften versehen sein, welche sich auf Angaben in durchschnittlich dokumentierten Datenblättern oder auf leicht meßbare Größen beziehen. Ein direkter Bezug zu diesen Daten entsteht bei der Modellierung des Klemmenverhaltens dieser Bauelemente.
Die dritte Art von Bibliotheken enthält nur die bauelementespezifischen Parametersätze für simulatorinterne Modelle. Die Modelle gelten ebenfalls für einen Bauelementetyp und sind im allgemeinen für den Anwender nicht zugänglich. Dieser Nachteil wird zum Teil durch Vorteile im Simulationszeitbedarf kompensiert. Bei der simulatorinternen Modellumsetzung lassen sich günstig die Gleichungssätze eines auf halbleiterphysikalischer Basis modellierten Bauelementes integrieren. Die Parametrisierung dieser Modelle erfordert die Zusammenarbeit mit dem Bauelementehersteller, von dem vorzugsweise die Parametersätze zu beziehen sind.
Als vierte, in ihrem Inhalt etwas abweichende Form existiert die Bausteinbibliothek. Sie wird vorzugsweise für komplexere Bauelemente mit großem Funktionsumfang eingesetzt. Der bedarfsgerechte Aufbau der Modelle erfolgt vom Nutzer. Zwischen den Ausgangs- und Eingangsklemmen eines n-Pols (des Bauelementes) werden je nach Anforderung der Simulationsaufgabe aus der Bibliothek Funktionsbausteine eingebaut. Voraussetzung sind klar abgrenzbare Funktionen des Modellgegenstandes, die in Bausteine als Bestandteil der Bibliothek umgesetzt werden können.
Als
ein Ansatz liefert die Halbleiterphysik die Gleichungen für die Bewegung
und Verteilung der Ladungsträger und erlaubt bei Kenntnis der Dotierungsprofile
und der geometrischen Abmessungen eine sehr detailgetreue Nachbildung der
internen Vorgänge im Halbleiter. Vom elektrotechnischen Standpunkt
wird das Verhalten der Bauelemente von außen betrachtet. Unter Anwendung
der elektrotechnischen Grundgesetzte, wie Ohmsches Gesetz, Knotenpunkt-
und Maschensatz erfolgt eine verhaltensbeschreibende Umsetzung der Bauelementeeigenschaften,
beispielsweise in elektrischen Ersatzschaltungen. Der Einsatz rein analytischer
mathematischer Berechnungsverfahren erfolgt weniger zur Bauelementemodellierung
selbst. Ein wesentlicher Vorteil der Simulationssysteme ist es, daß
sie dem Ingenieur das Aufstellen und Lösen der komplizierten Differentialgleichungssysteme
für diese Modelle über Umschreibungen abnehmen. Daher liegt der
Beitrag der Mathematik im wesentlichen in der Bereitstellung der unterschiedlichen
Verfahren zur Umsetzung der Ansätze, die sich auf halbleiterphysikalische
oder elektrische Gesetzmäßigkeiten stützen.
Die Beschränkung auf eine wissenschaftliche Beschreibungsform führt zu Modellen mit Eigenschaften, deren sinnvoller Anwendungsbereich stark eingeschränkt ist. Häufig werden Mischformen verwendet, um die Vorteile der unterschiedlichen Betrachtungsweisen zu kombinieren und um dazwischenliegende Anwendungsbereiche abzudecken. Für die Summe aller denkbaren Modellanwendungen wird ein Optimum im schraffierten Mittelbereich (Abb. 2.2) liegen. Eine ideale Modellierungstechnik, welche gleichermaßen für jedes der einzelnen Anwendungsgebiete geeignet ist, existiert dennoch nicht. Die Auswahl des richtigen Modellansatzes und der geeigneten mathematischen Umsetzungsform wird vom bevorzugten Einsatzzweck, dem Anwenderkreis und der zur Verfügung stehenden Software bestimmt.
Das realisierbare Spektrum reicht von der strukturnahen Modellierung des Halbleitermaterials mit Finite-Elemente-Methoden (FEM) unter Anwendung der halbleiterphysikalischen Gesetzmäßigkeiten bis zur strukturfernen Modellierung mit den aus Kennlinien synthetisch generierten Verhaltensmodellen. Ein modulares Konzept, welches dem ersten Fall sehr Nahe kommt, ist an der TU München entwickelt worden /Metzner/. Dort werden Teilmodelle für Halbleiterstrukturen zum gewünschten Halbleiter zusammengefügt. Basiselement ist das für das Verhalten von Leistungshalbleitern entscheidende Modell der Driftzone. Für diese erfolgt die orts- und zeitabhängige Berechnung des Loch-Elektronen-Plasma mit Hilfe der Finite-Differenzen-Methode.
Für die andere Seite des Spektrums stehen Makromodelle wie sie in /Heine/ entwickelt und vorgeschlagen wurden. Dort wurde das Systemverhalten der Bauelemente in separat wirkende Charaktereigenschaften zerlegt und diese mit verschiedenen Syntheseverfahren approximiert. Die so entstehenden Bausteine werden nach festgelegten Verknüpfungsvorschriften über Zustandsgleichungen in einer automatisierten Modelltransformation bedarfsgerecht zusammengefügt und optimiert. Diese Modelle haben jeglichen Bezug zu physikalisch interpretierbaren Strukturen verloren.
Die bevorzugte Methode zum Erstellen von Leistungshalbleitermodellen zur Schaltungsanalyse muß unter Abwägung von Vor- und Nachteil aus drei Standpunkten ausgewählt werden. Als erstes muß es im Modellierungsverfahren möglich sein, problemlos das Wissen über die Eigenschaften des Bauelementes in eine dem Simulator verständliche Form zu übertragen. Beziehungen zu halbleiterphysikalisch interpretierbaren Größen sollten vorhanden sein. Vom Standpunkt der Schaltungsentwicklung interessiert vorrangig das richtige Klemmenverhalten des Modells und eine schnelle Verfügbarkeit der Ergebnisse auch bei umfangreicheren Schaltungen. Als drittes ist vom ökonomischen Standpunkt auf einen geringen Kostenaufwand zu achten.
Unter diesen Gesichtspunkten sind die Zustandsmodellierung als übergeordneter Modellansatz, der halbleiterphysikalische und der verhaltensbeschreibende Ansatz zu untersuchen. Die detaillierte Analyse der Modellierungstechniken in den nachfolgenden Abschnitten führt zu der Schlußfolgerung, daß die Verhaltensmodellierung unter Beachtung physikalischer Zusammenhänge den genannten Ansprüchen am nächsten kommt.
Einer der wesentlichen Vorteile der Zustandsmodellierung ist, daß innerhalb der Zustände nur die dort relevanten Größen betrachtet und berechnet werden. Durch den Ausschluß nicht wirksamer oder vernachlässigbarer Größen wird der Berechnungsumfang für den Simulator gemindert und die Simulationsergebnisse stehen schneller zur Verfügung. Für die analytische Beschreibung mit Gleichungen ist die Aufteilung in Zustände meist Voraussetzung, da dann Vernachlässigungen und Vereinfachungen getroffen werden können, die eine Berechnung erst ermöglichen. Zustandsmodelle erlauben einen hohen Grad der Abstraktion und eine Modellierung in Level unterschiedlicher Komplexität. Der Umfang kann vom idealisierten Schaltermodell bis zur Berechnung der Ladungsträgerbewegungen im Halbleiter reichen. Die Syntax zur Fallunterscheidung, wie sie zur Aufteilung in Systemzustände benötigt wird, kann dazu genutzt werden, um mit einem vom Nutzer einzugebenden Parameter zwischen verschiedenen Modellhierarchieebenen auszuwählen.
Nachteilig ist bei der diskreten Modellierung analoger Systeme, dies stellt die Zustandsmodellierung von Halbleitern dar, die Notwendigkeit, für einen stetigen Verlauf der Prozeßgrößen beim Übergang zwischen zwei Zuständen zu sorgen. Die Beziehungen in den verschiedenen Zuständen müssen so auf einander abgestimmt sein, daß keine Sprünge in Strömen, Spannungen oder Ladungen auftreten. Dies bedingt einigen Aufwand bei der Modellierung.
Der Handlungsablauf bei der Erstellung eines Zustandsmodells zur Simulation transienter Vorgänge beinhaltet unabhängig vom Modellgegenstand generell die Lösung von drei Teilaufgaben:
Am
Beispiel eines Thyristors ist ein solches einfaches Modell in Abb. 2.4
dargestellt. Durch Zustandserweiterungen sind weitere Eigenschaften wie
Durchbrüche realisierbar. Mit Zwischenzuständen, die das Übergangsverhalten
zwischen den statischen Zuständen festlegen, können auch dynamische
Modelle erstellt werden.
Eine ganz andere Bedeutung kommt der Zustandsmodellierung zu, wenn ein Leistungsmodul über den Einzelhalbleiter hinaus geht, wie es durch den Einsatz von Smart-Power immer häufiger der Fall ist. Bei der Modellierung solcher Elemente sind Schutz- und Überwachungsfunktionen zu berücksichtigen, deren Wirkungsweise in diskreten Zuständen der Zustandsmodellierung entgegen kommt. Viele dieser Baugruppen befinden sich während des Betriebes nur in einem Bereitschaftszustand und greifen nur unter bestimmten Randbedingungen in das Wirken des Leistungshalbleiters ein. Mit einem Zustandsmodell können diese Funktionen in effektiver Weise berücksichtigt werden, ohne das Modell für den Normalbetrieb unnötig aufzubauschen.
Es ist möglich, für die physikalisch basierte Modellierung einen Handlungsalgorithmus aufzustellen. Nach /Hefner1/ sind dazu folgende Schritte notwendig:
Bei entsprechendem Modellaufbau können durch Optimierung der halbleiterspezifischen Parameter Verbesserungen an der Halbleiterstruktur und den Dotierungsprofilen vorgenommen werden. Für Simulationen des Bauelementes in einer leistungselektronischen Schaltung ist es möglich, das Verhalten in begrenztem Umfang zu testen. Einzelne Phasen von dynamischen Vorgängen können bis ins Detail analysiert werden. Beschränkungen für umfassende Schaltungsbetrachtungen sind vor allem durch den Simulationszeitbedarf gegeben, der einige Minuten pro Schaltvorgang und Bauelement betragen kann /Vogler/.
Voraussetzung zur Modellierung mit halbleiterphysikalischem Ansatz ist eine umfassende Analyse des Halbleiters, was lange Modellentwicklungszeiten mit entsprechend hohen Kosten zur Folge hat. Zur Analyse muß die Struktur und das Dotierungsprofil des Bauelementes bekannt sein, was mit dem benötigten Detailwissen meist erst weit nach der Markteinführung und Veröffentlichungen von Strukturparametern der Fall ist. Die Verfügbarkeit und Aktualität ist nur in Zusammenarbeit mit dem Hersteller, etwa bei Auftragsmodellierung, zu gewährleisten. Einige wenige Hersteller machten wegen eines gestiegenen Kundeninteresses davon Gebrauch und brachten gemeinsam mit neuen Bauelementegenerationen parametrisierte, verschlüsselte Modelle heraus (SABER IGBT-Modelle für Motorola Bauelemente).
Gleiches gilt für die Parameter zur selbständigen Parametrisierung des Modells. Da es sich um halbleiterspezifische, technologische Größen handelt, sind diese nicht dem Anwender, sondern nur dem Hersteller bekannt. Letztere versuchen in den meisten Fällen das damit verbundene Hintergrundwissen zu schützen.
In einigen Fällen wird eine Parameterextraktion über teils speziell zum Modell geschriebene, zusätzliche Software durchgeführt. Die Parameter der Halbleitergleichungen werden solange verändert, bis das vorher bekannte Verhalten mit dem geringsten Fehler nachgebildet wird. Die Parameter können dabei den physikalischen Bezug verlieren, da diese Eigenschaft meist mit einer genäherten Gleichung beschrieben wird. Dies ist durchaus legitim, stellt aber nur eine Art der verhaltensbeschreibenden Modellierung mit physikalischem Ansatz dar. Außerdem wird die Handhabbarkeit der Modelle stark beeinträchtigt, da die Software dem Nutzer zum gegebenen Zeitpunkt eventuell nicht zur Verfügung steht.
Als Ansatz für die physikalischen Modelle diskreter Leistungshalbleiter
dienen die hinlänglich bekannten Halbleitergleichungen. Ein Ausgangspunkt
ist die Poisonsche Differentialgleichung:
Unter zu Hilfenahme der Beziehung D = E
zwischen Verschiebungsstromdichte und elektrischer Feldstärke kann
die Verbindung von Potential und Raumladung hergestellt werden:
Oft wird bei der Halbleitermodellierung Gleichung (2.2) auf ein eindimensionales
Problem mit der x-Komponente reduziert. Die Beschreibung der geordneten
Bewegung der mobilen Ladungsträger (=Stromfluß) durch Wirkung
eines elektrisches Feldes (=Driftstrom) oder durch Konzentrationsgradienten
(=Diffusionsstrom) erfolgt mit der Stromdichte-Gleichungen für Löcher
und Elektronen:
Die Gesamtstromdichte entspricht der Summe der beiden Teilstromdichten:
Zur Berechnung der zeitlichen und räumlichen Änderung der
Ladungsträgerkonzentration in einem Volumenelement durch Generation
G, Rekombination R oder eine Änderung des Stromflußes wird die
Kontinuitätsgleichung herangezogen:
Je nach Leitungstyp, Halbleitergeometrie und Dotierung können
für verschiedene Halbleiter Vereinfachungen bezüglich der am
Stromfluß beteiligten Komponenten getroffen werden.
Zur Beschreibung dynamische Vorgänge von steuerbaren Bauelementen
werden mit der Ladungssteuerungstheorie die Ströme mit den gespeicherten
Ladungen in Verbindung gebracht. Das Bauelement wird in die zu modellierenden
Bahngebiete aufgeteilt. Grundlage zur Berechnung der Ladungen sind die
Kontinuitätsgleichungen. Die Integration über ein Bahngebiet
(x=0 -> x=w) führt zur Gleichung (2.8) in allgemeingültiger Form:
Mit den entsprechenden Randbedingungen für die Bahngebiete können
die Ströme zeitabhängig vom Simulator berechnet werden.
Zu beachtende Besonderheiten bei der Modellierung von Leistungshalbleitern
sind vor allem:
Autor | Lösungsansatz | verwendeter Simulator |
Hefner (National Institute of Standards and Technology, USA) /Hefner3/ | nicht quasistatische Lösung von DGL (eindimensional) | SABER |
Kraus/Türkes
Bundeswehr UNI München /Kraus/ |
Lösung der DGL durch Polynome höherer Ordnung
z.T. zweidimensional |
SABER |
Vogler/Schröder
UNI München /Vogler/ |
orts- und zeitabhängige Ladungsträgerplasmaberechnung in der Driftzone durch Finite Differenzen | SABER |
Fatemizadeh/Silber
UNI Bremen /Fatemiz/ |
quasistatische Lösung von DGL Modell mit Eigenerwärmung | beliebig,
Eingabe eines Gleichungssystem |
Behr, TU Berlin
/Behr/ |
quasistatische Lösung von DGL (eindimensional ) | beliebig,
Eingabe eines Gleichungssystem |
Protiwa/Apeldoorn/Groos
UNI Aachen /Protiwa/ |
Ersatzschaltung mit Standard PSpice Modellen (BJT, MOSFET) + Ergänzungen | PSpice |
Cotorogea, TU Berlin
/Cotorogea/ |
Standard PSpice Modell MOSFET mit Zusatzbeschaltung | PSpice |
Schaut man in die Historie der verhaltensbeschreibenden Modellierung bzw. des Analog Behavioral Modeling zurück, nahm diese vor Jahren noch einen unbedeutenden Platz unter den Modellierungstechniken ein. Heute gibt es kein modernes Analogsimulationssystem ohne diese leistungsfähige Möglichkeit. Der Ursprung dieses Modellansatzes liegt in der Signalverarbeitung. Bauelemente, wie der Bipolartransistor, wurden mit mehr oder weniger komplizierten Ersatzschaltungen nachgebildet. Als immer umfangreichere Schaltungen eine Simulation auf Transistorebene unmöglich machten, mußten auch für Schaltkreise (Operationsverstärker, Komparatoren) Verhaltensmodelle erstellt werden /Biblio/. Wegen der offensichtlichen Vorteile bei der Beschreibung komplexer Systeme hat es sich als sinnvoll erwiesen, auch in der Starkstromelektrotechnik auf der Schaltungsebene mit diesem Ansatz zu arbeiten. Ein effizienter Top-Down-Entwurf ist ohne Verhaltensmodelle in den oberen Entwicklungsebenen kaum möglich.
Nicht gebräuchlich, aber mit interessanten Vorteilen gegenüber den Problemen des halbleiterphysikalischen Ansatzes, ist die verhaltensbeschreibende Modellierung bisher bei Leistungshalbleitern. Durch das Herausarbeiten grundlegender qualitativer Bauelementeeigenschaften, die allen Bauelementen dieses Typs unabhängig von der konkreten halbleiterphysikalischen Realisierung gemeinsam sind, entstehen Modelle für eine gesamte Produktfamilie. Solche Eigenschaften sind unter stationären Bedingungen das Sperrverhalten, das Durchlaßverhalten und das Übertragungsverhalten. Die dynamischen Eigenschaften werden im wesentlichen durch die Berücksichtigung gespeicherter Ladungen modelliert.
Die Bedienung einer gesamten Produktfamilie wirkt sich gemeinsam mit relativ kurzen Entwicklungszeiten und einfachster Anpassung der Modelle an entwicklungsbedingte Änderungen günstig auf den Kostenfaktor aus. Durch die Verwendung von äußerlich bestimmbaren Eigenschaften werden die fehlenden Strukturkenntnisse von neuen, noch nicht ausreichend veröffentlichten Bauelementen umgangen und das Problem fehlender Parameter gelöst.
Die Aufgabe der Simulation, den Schaltungsentwickler bei der Entscheidungsfindung über den Einsatz neuer Bauelemente innerhalb einer leistungselektronischen Schaltung zu unterstützen, setzt die Verfügbarkeit von Modellen der neuesten Bauelemente voraus. Die oft durch Struktur- oder Dotierungsänderungen verbesserten Halbleiter behalten dennoch ihre grundlegenden Bauelementeeigenschaften, so daß die auf einer qualitativen Beschreibung von Eigenschaften beruhenden Verhaltensmodelle mit geänderten Parametersätzen weiter einsetzbar sind. Halbleiterphysikalische Gleichungen verlieren unter Umständen durch die Änderung der Halbleiterstruktur ihre Gültigkeit.
Mit Hilfe der Verhaltensbeschreibung ist es möglich, Modelle zu erstellen, bevor Details über die Struktur und Wirkprinzipien des Bauelementes für einen halbleiterphysikalischen Modellansatz veröffentlicht werden. Möglich wird dies, da zur Markteinführung neuer Produkte von den Herstellern Testelemente in geringer Stückzahl mit einfachen Datenblättern zur Verfügung gestellt werden, so für den MCT 1994 von Harris, oder den Trench-IGBT 1995 von Mitsubishi. An diesen Elementen sind die erforderlichen Messungen zum Studium des Klemmenverhaltens des Bauelementes möglich. Da die verhaltensbeschreibende Modellierung unabhängig von Halbleitertechnologien einsetzbar ist und auf der Beschreibung äußerlich bestimmbarer Eigenschaften beruht, stellt sie ein Verfahren dar, daß auch bei zukünftigen Bauelementen schnell zu brauchbaren Modellen führen wird.
Durch die Erfassung des Klemmenverhaltens werden gleichwirkende oder sich teilweise kompensierende Halbleitergrößen zwangsweise zu einer Modelleigenschaft zusammengefaßt, was zu vereinfachten Modellstrukturen mit geringerem Simulationszeitbedarf führt. Zusätzlich wird der Einsatz der verhaltensbeschreibenden Modellierung durch die Tatsache gerechtfertigt, daß durch den Aufbau in Modulen und die zunehmende Integration von Zusatzfunktionen und Schutzbeschaltungen mit Leistungshalbleitern komplexe Systeme (Smart-Power-Elemente) zu modellieren sind, deren diskrete Umsetzung auf Schwierigkeiten stößt.
Die genannten Vorteile entsprechen den in Kap.
2.1 gestellten Anforderung und widerlegen die oft vertretene Meinung,
daß nur streng physikalisch fundierte Modelle, die über die
Berechnung der Ladungsträgerbewegungen im Halbleiter das Bauelement
nachbilden, die Anforderungen der Schaltungsentwickler befriedigen können.
Letztendlich interessiert den Schaltungsentwickler vorrangig das Verhalten
des Bauelementes in einer Schaltung, unabhängig von der Realisierungsform
des Modells.
Die Vorgehensweise beim Erstellen von Verhaltensmodellen der Leistungselektronik
stellt eine Kombination aus theoretischer und experimenteller Modellentwicklung
dar und hat folgendes Aussehen:
Der verhaltensbeschreibende Ansatz erlaubt es, verschiedene Modellierungstechniken und -sprachen zu verknüpfen und damit den Modellaufbau je nach Anwendungszweck zu variieren. So können mathematische Beschreibungen von Systemen mit algebraischen oder boolschen Gleichungen mit Ersatzschaltungen (Kap 3.1.1) oder Zustandsbeschreibungen (Kap 3.1.2) kombiniert werden. Die Schwierigkeit für den Modellentwickler besteht darin, für einen bekannten physikalischen Zusammenhang eine simulationstechnisch einfach zu realisierende Interpretation und die optimale Beschreibungssprache zu finden. Dazu muß er sich bei Bedarf von der diskreten Umsetzung einzelner Eigenschaften, beispielsweise in elektrischen Ersatzschaltungen, lösen. Die Abstraktion im Sinne einer Anhebung auf eine übergeordnete Funktionalität erlaubt dann die Gestaltung von sehr komplexen Systemen.
Bei der Wahl der Modellierungssprache sollte beachtet werden, daß im Modell eine physikalische Interpretierbarkeit erhalten bleibt. Das erleichtert dem Modellierer die Umsetzung seiner Kenntnisse über das Bauelement und dem Anwender die Parametrisierung und das Nachvollziehen der Simulationsergebnisse. Im Interesse der Ökonomie muß man dort, wo es zeitraubende Analysen erspart, bereit sein, darauf zu verzichten und empirisch gewonnene Zusammenhänge mit abstrakten Modellkonstruktionen einsetzen.
Aus dem Prinzip der Verhaltensmodellierung heraus ergeben sich Grenzen für den Einsatz der Modelle. Auf Grund der Nachbildung eines Verhaltens als Reaktion auf konkrete Umgebungsbedingungen sind Verhaltensmodelle zur Analyse von Schaltungen mit diesen Bauelementen und weniger zum Studium interner Vorgänge im Bauelement konzipiert. Da keine Analyse interner Vorgänge erfolgt, sind auch keine quantitativen Schlußfolgerungen zur Verbesserung des Halbleiteraufbaus möglich.
Wie bei den Modellanforderungen im Kapitel 2.1
gezeigt wurde, lassen sich geringer Simulationszeitbedarf mit genauen,
beliebig einsetzbaren Modellen nicht vereinbaren. Zeiteinsparungen sind
nur mit Abstrichen in anderen Eigenschaften zu erkaufen. Bei der Verhaltensmodellierung
muß jede zusätzliche Eigenschaft in Form einer Modellerweiterung
hinzugefügt werden. Bei Einzelhalbleitern wird ab einer bestimmten
Anzahl realisierter Eigenschaften ein Punkt erreicht, an dem der Aufwand
für Modellerstellung, Parametrisierung und Simulationszeitbedarf für
das Verhaltensmodell den des halbleiterphysikalischen Ansatzes übersteigt.
Die durch das Herausarbeiten qualitativer Bauelementeeigenschaften gewonnenen
Vorteile im Simulationszeitbedarf gehen verloren. Auf Grund der Konzentration
auf die zur Schaltungsanalyse wesentlichen Modelleigenschaften sind solche
Modelle nicht zur Untersuchung aller physikalischen Effekte bis ins letzte
Detail geeignet.
Schlußfolgerungen zu den beschriebenen Modellierungsansätzen