Inhaltsverzeichnis

3 Techniken und Grundelemente der verhaltensbeschreibenden Modellierung

 3.2 Mehrpoltheorie
 3.3 Arbeit mit Kennlinien
 3.4 Parametergewinnung durch Messung

3.1 Beschreibungssprachen zur Umsetzung des Modellansatzes

Der gewählte Modellansatz muß durch ein geeignetes Verfahren so aufgearbeitet werden, daß er im verfügbaren Simulator einsetzbar ist. Die bekannteste Vorgehensweise ist die Umsetzung von Modellen der Elektrotechnik durch elektrische Ersatzschaltungen. In einigen Simulatoren werden zum Zweck der Modelleingabe simulatorspezifische Hochsprachen eingesetzt, die einen mit Programmiersprachen vergleichbaren Umgang erfordern. Mit der Standardisierung dieser Sprachen ist eine zunehmende Verbreitung zu erwarten. Eine dritte Möglichkeit besteht mit dem Einsatz von Zustandsgraphen oder Petri-Netzen. Im folgenden wird für diese drei die Handhabung und die Eignung zur verhaltensbeschreibenden Modellierung von Bauelementen der Leistungselektronik erörtert. Als eine weitere erwähnenswerte Beschreibungssprache stehen Bondgraphen zur Verfügung /Allard/. Da deren Anwendung jedoch weniger gebräuchlich ist, wird auf eine ausführliche Behandlung verzichtet.

3.1.1 Ersatzschaltungen aus diskreten elektrischen Bauelementen

Die ersten Modelle von Halbleiterbauelementen für Analogsimulatoren, wie das des Bipolartransistors nach Ebers und Moll /Ebers/, bestanden aus Ersatzschaltungen. Auch heute werden zur verhaltensbeschreibenden Modellierung diskreter Halbleiter meist Ersatzschaltungen aus einer Anzahl von Grundelementen erstellt. Bei der Verwendung dieser Beschreibungsform werden die äußerlich meßbaren elektrischen Eigenschaften auf die äquivalenten idealisierten Ersatzschaltelemente abgebildet. Die Verknüpfung dieser Elemente zu einem Netzwerk bildet die Summe der Eigenschaften des Bauelementes nach. Auf diese Weise werden dem Simulator die für ein Bauelement gegebenen Beziehungen oder Gleichungen zur Lösung übergeben. Eine Interpretation der Ersatzschaltung mit realen physikalischen Größen und Beziehungen ist möglich, eine genaue Beschreibung halbleiterinterner Vorgänge wegen der Aufspaltung räumlicher Gebilde in diskrete Ersatzschaltelemente allerdings nicht. Ersatzschaltungen sind deshalb nur bedingt zum Studium des Bauelementes selbst geeignet. Einsatzgebiet dieser Modelle ist die Schaltungsanalyse in Netzwerksimulatoren.

Als ein Vorteil dieser Methode kann genannt werden, daß durch den vorhandenen Modell-Schaltplan eine hohe Anschaulichkeit gewährleistet ist. Der Elektroingenieur als Anwender des Modells kann in seiner vertrauten Denkweise arbeiten. Die Simulationsergebnisse sind so leichter nachzuvollziehen, zu interpretieren und auf ihre Glaubwürdigkeit zu kontrollieren. Diese Modelle besitzen auf Grund ihres Aufbaus bereits elektrische Anschlußknoten und können direkt in die zu analysierende Schaltung eingebunden werden. Eine Portabilität zwischen verschiedenen Simulatoren ist durch die Verwendung gleicher Grundelemente in einem gewissen Umfang gegeben. Netzwerksimulatoren sind typisch für PC-Anwendungen und garantieren für kommerziell erstellte Modelle einen großen Kreis potentieller Nutzer, u.a. wegen der in kleineren Entwicklungsabteilungen vorherrschenden PC-Technik. Wegen der genannten Vorteile wird auch in Simulatoren, deren Hochsprachen eine direkte mathematisch-physikalische Modellierung zuließe, auf die Modellierung mit elektrischen Ersatzschaltungen nicht verzichtet.

Das Verfahren der Modellierung der direkten Zuordnung von Eigenschaften zu einzelnen Ersatzschaltelementen bringt es mit sich, daß die meisten Eigenschaften unabhängig von einander nachgebildet und wiedergegeben werden. Dies erlaubt eine einfache, verkopplungsfrei Parametrisierung, d. h. bei der Änderung einer Eigenschaft bleiben alle anderen in der Regel erhalten. Zur Anpassung an andere Typen des gleichen Bauelementes können einzelne Parameter angepaßt werden, ohne das komplette Modell zu ändern. Außerdem ist eine Reduzierung von Modellen auf Grundeigenschaften realisierbar, ohne die Gesamtfunktion zu verlieren, indem auf die Teile des Netzwerkes verzichtet wird, welche die nicht benötigten Eigenschaften repräsentieren. Dies ist eine der Grundvoraussetzungen für eine Modellierung in Level unterschiedlicher Komplexität (Kap. 2.2.1), so daß eine Anpassung der Modellhierarchie an die konkrete Aufgabenstellung möglich ist. Ersatzschaltungen können zu Makromodellen oder subcircuits zusammengesetzt werden und sind dann in einer größeren Schaltung mit verschiedenen Parametern mehrfach einsetzbar.

Mit der Anzahl der zu berücksichtigenden Eigenschaften der Leistungshalbleiter wächst der Umfang des Modells. Jeder zusätzliche Knoten des Ersatzschaltnetzwerkes erhöht die Ordnung der vom Simulator zu lösenden Matrix der Knotenpotentiale, was sich unmittelbar auf eine Erhöhung des Simulationszeitbedarfes auswirkt. Mit dem Ziel, diese möglichst gering zu halten, ist auf eine einfache Netzstruktur mit einer niedrigen Knotenzahl zu achten. Redundanzen sind zu vermeiden und Reihen- bzw. Parallelschaltungen von gleichwirkenden Ersatzschaltelementen sind zusammenzufassen.

Bei komplexeren Systemen, die über das diskrete analoge Bauelement hinaus gehen, stößt man mit Ersatzschaltungen schnell an Grenzen einer sinnvollen Modellierung. Die höhere Funktionalität führt zu einem überproportionalen Anstieg des Modellumfang und damit auch des Simulationsaufwandes. Dann sollten andere Beschreibungsarten angewendet oder mit der elektrischen Ersatzschaltung kombiniert werden. Eine solche Vorgehensweise wird am Beispiel von Smart-Power-Elementen in Kap. 6 beschrieben.

Modelle aus Ersatzschaltungen bestehen im wesentlichen aus den in der Tabelle 3.1 aufgeführten Grundelementen mit linearen und nichtlinearen Abhängigkeiten bzw. gesteuerten oder ungesteuerten Größen. Die Ersatzschaltungen realer, passiver Bauelemente setzen sich in der Regel aus RLC-Netzwerken zusammen, aktive Bauelemente enthalten zusätzlich gesteuerte Quellen und Dioden als Sonderform eines nichtlinearen Widerstandes. Die Bezeichnungen für die Bauelemente wurden dem in dieser Arbeit bevorzugt eingesetzten Simulator Simplorer1 entnommen. Im konkreten Fall können abweichende Bezeichnungen üblich sein.

 
Tab. 3.1 Elemente elektrischer Ersatzschaltungen
Ersatzschaltelement Schaltsymbol Strom-/Spannungsbeziehung
Basiselemente
R Widerstand R = V/I
C Kapazität  C = IC/(dvC/dt)    C = Q/U
L Induktivität   L = VL/(diL/dt)
E Spannungsquelle  V = konst.          Ri = 0
I Stromquelle  I = konst.           Ri = Inf.
gesteuerte Quellen
EU spannungsgesteuerte Spannungsquelle V2= f(V1)
EI stromgesteuerte Spannungsquelle V2= f(I1)
II stromgesteuerte Stromquelle I2= f(I1)
IU spannungsgesteuerte Stromquelle  I2= f(V1)
Sonderformen für Halbleitermodelle
D pn-Übergang (statisch) I1= f(V1)
Eine große Vielfalt von elektrischen Eigenschaften können durch Kombinationen dieser Elemente nachgebildet werden. Die Zusammenschaltung der Ersatzschaltelemente mit den entstehenden Knoten und Maschen darf nur so geschehen, daß die Kirchhoffschen Gesetze erfüllt werden. So schließt der Maschensatz die Parallelschaltung zweier Spannungsquellen und der Knotenpunktsatz eine Reihenschaltung von ausschließlich Stromquellen aus. Bei Elementen mit Energiespeicher müssen die Kontinuitätsbedingungen beachtet werden. Das bedeutet, eine Reihenschaltung von Induktivität und Stromquelle und die Parallelschaltung von Kondensator und Spannungsquelle kann zu Konflikten führen.
Ein Nachteil der ursprünglichen Netzwerksimulatoren (wie Spice) ist die beschränkte Anzahl von Ersatzschaltelementen. Zur Nachbildung nichtlinearer physikalischer Sachverhalte sind umfangreiche Hilfskonstruktionen notwendig, die sich negativ auf Verständlichkeit und Simulationszeitbedarf auswirken. Deshalb bieten modernere Simulatoren wie DesignCenter1 oder Simplorer eine Anzahl vordefinierter Modellfunktionen und Möglichkeiten zur Integration von Gleichungen oder Tabellen in die Simulationsschaltung an. Diese Zusammenhänge werden als Gleichungen in ausdrucksgesteuerten Bauelementen, als Polynome oder Wertetabellen zugeordnet und sind in der Regel von einer oder mehreren elektrische Größen des Netzwerkes abhängig. Insbesondere für gesteuerte Quellen sind unterschiedliche Formen der Übertragungsfunktion gebräuchlich. Auf die Möglichkeit der Dimensionierung eines Bauelementes über funktionale Zusammenhänge wird an einigen Literaturstellen der Begriff ‘Analog Behavioral Modeling' reduziert.

Bei der Verwendung mathematischer Ausdrücke zur Bauelementberechnung ist mit besonderer Sorgfalt zu arbeiten. Während des Itterationsvorganges des Simulators können die in den Ausdrücken verwendeten Spannungen oder Ströme die physikalisch gegebenen Grenzen überschreiten, so daß undefinierte Lösungen ermittelt werden oder der maximale Zahlenbereich überschritten wird. Dies führt zu unrealen Simulationsergebnissen bzw. zum Simulationsabbruch.

Abhilfe gegen solche Modellunzulänglichkeiten kann der Einbau kleiner vernachlässigbarer Fehler schaffen, beispielsweise um eine Division durch Null zu verhindern:

Negative Werte passiver Bauelemente und negative Wurzelausdrücke lassen sich durch Verwendung von Betragswerten vermeiden.
Vorsicht ist bei der Verwendung der tanh(x)-Funktion geboten. Diese bietet sich zwar wegen ihrer schnell gegen ± 1 konvergierenden Funktionswerte als Begrenzer bzw. "mathematischer Schalter" an. Bei der simulatorinternen Berechnung über die Exponentialfunktion

stehen unter Umständen unzulässig große Zahlenwerte x im Exponenten (hohe Strom und Spannungswerte in der Leistungselektronik) und es kommt zu einem Gleitkommafehler.

3.1.1.1 PN-Übergang als Basiselement der Leistungshalbleitermodellierung
Das Vorgehen bei der Umsetzung von elektrischen Eigenschaften in eine Ersatzschaltung soll mit seinen Möglichkeiten und Unzulänglichkeiten kurz diskutiert werden. Ein typisches Beispiel einer Ersatzschaltung ist in Abb. 3.1 für ein dynamisches Diodenmodell dargestellt /Leonh/ /Mösch/. Eine solche Schaltung ist auch als pn-Schichtfolge von Leistungshalbleitern Bestandteil aller anderen Halbleitermodelle. Verschiedene statische und dynamische Eigenschaften werden durch jeweils ein Ersatzschaltelement repräsentiert.  Der stark nichtlineare ohmsche Widerstand ist mit der Kennlinie der statischen Diode D und dem konstanten Bahnwiderstand ron1 berücksichtigt. Für das Ersatzschaltelement D wird der fließende Strom in Abhängigkeit vom Spannungsabfall über dem pn-Übergang berechnet. Im Kap. 3.3 werden die verschiedenen Möglichkeiten zur Modellierung von Kennlinien erläutert. Die Reihenschaltung von D mit exponentieller Kennlinie:

und einem konstanten Bahnwiderstand ist die am häufigsten verwendete Nachbildung der statischen Diodenkennlinie.
 
  • Sperrschichtkapazität Cspr
  • Mit Hilfe dieser Kapazität soll die Raumladung eines in Sperrichtung vorgespannten eindimensionalen pn-Übergangs modelliert werden. Die Breite wj der RLZ und damit auch die darin enthaltene Ladung ist abhängig von der Höhe der angelegten Sperrspannung, so daß die Kapazität als spannungsabhängige Größe berechnet werden muß.

    Die Kapazität entspricht damit dem Modell eines Plattenkondensators /Mösch/, dessen Plattenabstand sich mit zunehmender Sperrspannung vergrößert. Für den abrupten symmetrischen Übergang ergibt sich für wj:

    Durch Einsetzen und Zusammenfassen der Konstanten zu C0 (VAK = 0) erhält man die gebräuchliche Gleichung:

    Theoretisch ergäbe sich aus Gl. (3.6):

    daher ist zu beachten, daß für positive Spannungen VAK wegen einer zunehmend Anzahl beweglicher Ladungsträger in der Sperrschicht die angegebene Beziehung nicht mehr gilt. In den meisten Simulatoren erfolgt daher im positiven Spannungsbereich eine Linearisierung bzw. Begrenzung der Gleichung (3.6). Mit ihr sollen die bei Stromfluß in der Diffusionszone gespeicherten Ladungen stromabhängig modelliert werden. Die Ladung ist abhängig vom Vorwärtsstrom IF (Gl. (3.3)) und der Lebensdauer T der Ladungsträger.

    Durch Differentiation der Gleichung (3.8) nach der Spannung erhält man die zur Ladung äquivalente Kapazität.

    Für negative Spannungen wird sie sehr schnell klein und kann vernachlässigt werden. Der Vorgang der Leitwertmodulation tritt bei hohen Strömen auf, wenn durch Hochinjektion von Minoritätsträgerkonzentration über die Gleichgewichtsdichte der Majoritäten angehoben wird. Dies führt wegen der Neutralitätsbedingung ebenfalls zu einer Anhebung der Majoritätsträgerdichte und was mit einer Erhöhung des Leitwertes, bzw. der Verringerung des Bahnwiderstandes gleichzusetzen ist. Die Abhängigkeit des Bahnwiderstandes vom Strom ist über den spezifischen Widerstand und die mittlere Ladungsträgerdichtegegeben /Porst/:
    Formel
    Damit ist der Bahnwiderstand bei Hochinjektion umgekehrt proportional zum Strom:
    Formel
    Statisch ist dieser Effekt bereits in einem quadratischen Kurvenverlauf der Diodenkennlinie enthalten. Die Anhebung der Ladungsträgerkonzentration und damit die Verringerung des Bahnwiderstandes geschieht jedoch nicht unendlich schnell, sondern ist von der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Ladungsträger im Halbleiter abhängig. Der damit verbundene Spannungspeak zu Beginn eines Stromsprunges auf Grund des noch hohen Widerstandes ist mit einem induktiven Verhalten vergleichbar. Der bei einer schnellen Stromänderungen entstehende zusätzliche Spannungsabfall läßt sich mit LLwm und ron2 nachbilden. Mit zunehmender Verteilung der Ladungsträger klingt diese Spannung ab. Die Zeitkonstante mit der dieser Vorgang abläuft entspricht in etwa der Hochinjektionslebensdauer THI.

    Im stationären Betrieb schließt die Induktivität den Widerstand kurz. Besteht keine Möglichkeit, den Sperrspannungsdurchbruch bereits in der Kennlinie der Diode D zu berücksichtigen, kann dieser Kennlinienabschnitt mit einer antiparallel geschalteten Diode DBR und der Gleichspannungsquelle EBR nachgebildet werden. Der Wert von EBR entspricht der Durchbruchspannung der Diode. Bei Überschreiten dieser Spannung durch die anliegende Sperrspannung wird DBR leitend und es kommt zu einem reversiblen Durchbruch. Der gleiche Aufbau kann zur Modellierung einer Z-Diode verwendet werden. Die Wiedergabe der räumlichen Eigenschaften durch diskrete Ersatzschaltelemente ist fehlerbehaftet. Die Aufspaltung in diskrete Ersatzschaltelemente ist immer mit Fehlern und Kompromissen verbunden. Physikalisch lassen sich die gespeicherten Ladungsträger im Halbleitermaterial von den Bahnwiderständen nicht trennen. So läßt sich mit den eingesetzten Kapazitäten das soft-recovery-Verhalten von Leistungsdioden nicht exakt reproduzieren und die zur Nachbildung der Leitwertmodulation verwendeten Ersatzschaltelemente verursachen bei fallendem Strom ein falsches Modellverhalten. Durch Modellerweiterungen mit Hilfsnetzwerken, in denen weitere Prozeßgrößen berechnet werden, könnte in beiden Fällen eine verbesserte Anpassung an die Realität geschaffen werden. Damit steht man vor einem bei dieser Modellierung häufig anzutreffenden Problem. Entweder Verzicht auf eine genaue Nachbildung dieser Eigenschaften oder eine erhebliche Vergrößerung des vom Ansatz her einfachen Modells.

    Eine weiteres Problem sind die durch mathematische Ausdrücke oder vordefinierte Modellfunktionen berechneten Bauelemente, mit denen die Portabilität der Modelle verloren geht.

    3.1.1.2 Modellierung nichtelektrischer Größen über Analogiebeziehungen
    Die Umsetzung von Analogiebeziehungen über Ersatzschaltungen in Netzwerksimulatoren werden genutzt, um Probleme nichtelektrischer Größen auf elektrische Größen zurückzuführen und zu lösen. Eine Aufteilung und Zuordnung kann nach treibenden Größen und deren Wirkung gemäß Tab. 3.2 erfolgen.
     
    Tab. 3.2 Analogiebeziehungen zwischen elektrischen und nichtelektrischen Größen
    Fachgebiet Treibende Größe Wirkung
    Elektrotechnik Spannung V (V)  Strom I (A)
    Hydraulik Druck p (N/m2) Volumenstrom Qv (m3/s)
    Wärmelehre Temperatur  (K) Wärmestrom  th (J/K)
    Mechanik 
     Translation 
     Rotation 
    Kraft F (N) 
    Drehmoment M (Nm)
    Geschwindigkeit v (m/s) 
    Winkelgeschwindigkeit  w (rad/s)
    Sinnvoll ist diese Vorgehensweise nur bei gleichzeitigem Auftreten eines elektrischen Hauptproblems mit kleinen aber wesentlichen Komponenten angrenzender Fachgebiete. Diese können z.B. hydraulischer, thermischer oder mechanischer Natur sein. Nach Möglichkeit ist auf eine Modellierung umfangreicher nichtelektrischer Komponenten mit elektrischen Ersatzschaltungen zu verzichten. In solchen Fällen ist es effektiver, auf andere Beschreibungssprachen auszuweichen.

    Zur Nachbildung von Energiespeichern jeglicher Art sind Induktivitäten L oder Kapazitäten C heranzuziehen. Die Analogiebeziehungen von elektrischer zu mechanischer Energie kann beispielsweise wie folgt hergestellt werden:

    wobei m für die Masse und J hier für das dynamische Trägheitsmoment steht.
    Die gemeinsame Basis zur Lösung von Problemen unterschiedlicher physikalischer Gebiete ist das Aufstellen von Differentialgleichungsystemen. Ein Vergleich der Elemente dieser Gleichungen stellt die Verbindung zwischen den Größen her. Mit Hilfe der Analogiebeziehungen ist es dem Elektroingenieur möglich, in seiner gewohnten Umgebung zu arbeiten, und eventuell fehlende Beschreibungsmöglichkeiten im Simulator werden umgangen.

    Die Ersatzschaltungen werden als Hilfsnetzwerk (Kap. 3.1.1.3) aufgebaut. Am Beispiel der besonders bei der Halbleitermodellierung häufig verwendeten Analogiebeziehungen zu thermischen Problemen soll im folgenden die Vorgehensweise bei der Umsetzung eines nichtelektrischen Problems in eine elektrische Ersatzschaltung erläutert werden.
    Die thermischen Ersatzschaltungen dienen zur Berechnung der Halbleitertemperatur durch Eigenerwärmung. Ausgangspunkt ist die Überlegung, daß die mit den elektrischen Verlusten erzeugte Wärme einen Wärmestrom zur Oberfläche verursacht. Die Gleichungen des Wärmetransports und der Wärmespeicherung in festen Körpern sind mit denen des Transportes und der Speicherung von Ladungsträgern vergleichbar. Betrachtet man ein differentiales Volumenelement, ergibt sich der eintretende Wärmestrom th1 aus dem austretenden Wärmestrom th2 und einem Anteil aus der Änderung der gespeicherten Wärmemenge Qth . Entsprechendes gilt auch für den elektrischen Strom.

    Mit den Gleichungen für Wärmetransport:

    und Wärmespeicherung:

    wird Gleichung (3.14) in die Form:

    überführt, aus der sich die in Abb. 3.2 dargestellte elektrische Ersatzschaltung ableiten läßt. In der Praxis werden abgeschlossene geometrische Figuren zu einem RC-Glied zusammengefaßt.
    Abb.3.3Es entsteht ein Kettenleiter aus RC-Gliedern entsprechend den am Wärmetransport beteiligten Materialien. Grenzflächen fester Körper stellen dem Wärmetransport ebenfalls einen Widerstand entgegen, diese werden als Serienwiderstände in die Kette eingefügt. Gleiches gilt für die Wärmekonvektion an der Oberfläche zum Kühlmedium. Gemeinsam mit der für die Verlustleistung stellvertretenden Stromquelle und der Umgebungstemperatur als Gegenspannungsquelle entsteht die in Abb. 3.3 dargestellte Form einer thermischen Ersatzschaltung. Der Spannungsabfall über der Verlustleistungsquelle entspricht der Sperrschichttemperatur und ist gleich der Summe der Teilspannungsabfälle über den thermischen Widerständen.

    Soll nur die zeitliche Änderung der Sperrschichttemperatur als Funktion der Verlustleistung berechnet werden, ist es auch üblich, Kettenleiter aus parallelen RC-Gliedern (Abb. 3.4) zu verwenden /Türkes/ /Fasching/. Vorteil ist die leichtere Parametrisierbarkeit aus einer gegebenen transienten thermischen Impedanz Zth . Jedes RC-Glied entspricht einer aus dieser Funktion ermittelten Zeitkonstante. Der physikalische Bezug der Ersatzschaltelemente geht dabei allerdings verloren. Eine Beeinflussung durch die äußere Temperatur ist nicht mehr möglich.

    3.1.1.3 Hilfsnetzwerke
    Eng verknüpft mit der Modellierung über Analogiebeziehungen ist die Arbeit mit Hilfsnetzwerken. Aber auch bei der Berechnung von Zwischenergebnissen elektrischer Modelle muß auf dieses Hilfsmittel zurückgegriffen werden. Je geringer die Möglichkeiten zur Berechnung elektrischer Größen mit Hilfe mathematischer Ausdrücke im Netzwerksimulator sind, um so umfangreicher werden die benötigten Hilfsnetzwerke. Eine gewisse Bedeutung besitzen sie, wenn die Vorgeschichte der zu berechnenden Größen eine Rolle spielt, da dann eine fortlaufende Berechnung aus den aktuell gültigen Größen nicht möglich ist. In Induktivitäten oder Kapazitäten von Hilfsnetzwerken können Werte von Strömen und Spannungen zur späteren Weiterberechnung zwischengespeichert werden. Die zur Berechnung benötigten Ausgangsgrößen werden rückwirkungsfrei aus dem Hauptnetzwerk entnommen und über gesteuerte Quellen in das Hilfsnetzwerk übertragen. Mit der Übertragungsfunktion der Quellen kann bereits eine Umrechnung der Ausgangsgrößen erfolgen. In welchem Umfang dies möglich ist (ausdrucksgesteuerte Quellen, Polynom-Quellen), hängt von den Gegebenheiten des Simulators a..

    Mit den Basiselementen R, L und C sind die mathematischen Operationen

    Mit Hilfe der Energiespeicher L und C können exponentielle Zeitfunktionen berechnet werden.
    Die Rückführung der im Hilfsnetzwerk berechneten Zwischenwerte in die Hauptschaltung erfolgt erneut über gesteuerte Quellen. Zur Vermeidung von Konvergenzschwierigkeiten ist darauf zu achten, daß keine Schleifen mit einer Verstärkung größer 1 entstehen.

    Hilfsnetzwerke sind nur als Ergänzung von Netzwerkmodellen zu verstehen oder als Notlösung für Simulatoren, in denen Ersatzschaltungen als einzige Modellierungsprache zur Verfügung stehen. Bei der Notwendigkeit umfangreicher Nebenberechnungen sollten nach Möglichkeit andere Modellierungssprachen gewählt werden.

    3.1.2 Zustandsgraphen und Petri-Netze

    Zustandsgraphen dienen der Darstellung aller diskreten Zustände eines Systems und der zwischen ihnen möglichen Übergänge /Schönfeld/. Für eine computergestützte Berechnung dieser Systeme ist gleichzeitig eine bedingungs- und zeitabhängige Modellierung notwendig. Allgemeingültige Regeln sind dafür mit der Petri-Netz-Theorie festgelegt worden. Sie sind damit zur Umsetzung von Zustandsmodellen geeignet. Petri-Netze stellen eine besondere Form der Zustandsgraphen dar. Es sind gerichtete Graphen und vor allem aus der Automatisierungstechnik und der Informatik zur übersichtlichen Darstellung von Steuerungsprozessen bekannt /König/ /Reisig/. Ein Beispiel für die Verwendung von Petri-Netzen zur Modellierung ist das Modul Steuerung im Simulator Simplorer /Simplorer/.

    Der Einsatz von Petri-Netzen für Verhaltensmodelle ist sowohl für digitale als auch für analoge Anwendungsgebiete denkbar. Die Erstellung eines Zustandsmodells für diskrete Leistungshalbleiter wurde in Kap. 2.3.1 ansatzweise erläutert und ist direkt mit Petri-Netzen durchführbar. Das eigentliche Einsatzgebiet ist die ereignisorientierte Modellierung von Steuerungen. Steuerungsprozesse und Überwachungsfunktionen haben unter leistungselektronischen Gesichtspunkten einen digitalen Charakter. Eine binäre Betrachtungsweise mit high oder low-Pegel bzw. mit true und false ist meist ausreichend. Signaländerungen sind ein Ereignis und führen zu Zustandsänderungen. Zwischen zwei Ereignissen befindet sich das System in einem Ruhezustand, so daß keine fortlaufenden Neuberechnungen von Strömen und Spannungen notwendig sind. Aus diesem Grund stellt eine Modellierung der Steuerung mit analogen Modellen bei der Analyse leistungselektronischer Schaltungen einen nicht notwendigen Aufwand dar. Diese Aussage ist auch auf Smart-Power-Elemente übertragbar. Eine effektive Modellierung der in diese Elemente integrierten Ansteuer- und Schutzfunktionen kann nur ereignisorientiert erfolgen. Petri-Netze bieten dafür eine geeignete Lösung (Kap. 6).

    Der wesentliche Vorteil der Petri-Netze besteht in der Reduktion des an den Simulator gestellten Rechenaufwandes, auf die im aktiven Zustand gültigen Beziehungen. Je höher die Abstraktion auf die wesentlichen Eigenschaften ist, um so geringer wird der Aufwand. Auf diese Weise sind enorme Rechenzeiteinsparungen möglich. Das Zeit- und Zustandsregime von signalverarbeitenden Schaltungen kann ohne Rücksicht auf verwendete Bauelemente als Ursache-Wirkungskette in einer Zustandsfolge mit Petri-Netzen modelliert werden. Dadurch ist eine hohe Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Funktion dieser Schaltungsteile gewährleistet. Der Aufbau einer hierarchischen Struktur mit Netzen und Subnetzen kann problemlos erfolgen.

    Die Verwendung von Petri-Netzen für Modelle diskreter Halbleiter weist den Mangel auf, daß keine elektrischen Anschlußknoten für das Modell vorhanden sind. Diese müssen erst in Kombination mit gesteuerten Quellen in einer Ersatzschaltung geschaffen werden.

    Zur Erstellung eines Modells mit Petri-Netzen wird der in  Kap. 2.3.1 für Zustandsmodelle aufgestellte Handlungsablauf angewendet. Den Anfang bildet die Definition der Zustände und deren namentliche Bezeichnung. Es werden Vorgänger und Nachfolger bestimmt. Zwischen verbundenen Zuständen werden die Übergangsbedingungen als mathematisch formulierte Kriterien meist als Vergleichsoperation festgelegt. Innerhalb der Zustände werden mit Berechnungsvorschriften und Zeitoperatoren die Eigenschaften des Modell für den aktivierten Zustand festgelegt.
    Für den Aufbau des Netzes stehen damit drei Grundelemente zur Verfügung:

    In Abb. 3.5 ist das Schema einer Zustandsfolge mit einem Petri-Netz-Element dargestellt. Während der Simulation werden aus der Umgebung des Modells Informationen entnommen und mit den definierten Übergangsbedingungen verglichen. Eine Erfüllung dieser Bedingungen stellt ein Ereignis dar und führt zu einem qualitativ neuen Zustand. Mit dem Aktivieren eines Zustandes werden Handlungen verknüpft, die einmalig oder kontinuierlich auf das umgebende System oder den Prozeß einwirken.
    Abb. 3.6Beim Erstellen solcher Netze sind nur wenige Regeln zu beachten: Unter Beachtung der gegebenen Regeln sind Petri-Netze beliebig nach Struktur und Umfang aufzubauen. Sie sind verknüpft oder isoliert einsetzbar. Das Fortschalten kann synchron oder asynchron erfolgen. 

    3.1.3 Hochsprachen

    Ein Weg, dem Modellierer mehr Freiheitsgrade bei der Nachbildung komplizierter nichtlinearer technischer Systeme zu geben und durch eine effektivere Modellierung Kosten zu sparen, ist die Möglichkeit, C-Routinen in die Modelle einzubinden. Mit neuentwickelten Simulatoren auf Workstation-Basis entstanden mit dem gleichen Ziel Modelliersprachen, die Charakteristiken einer Programmiersprache tragen. Beispiele sind die Beschreibungssprachen MAST 3 des Simulators SABER oder HDL-A 4 des Simulators ELDO. Mit ihnen wird eine maximale Flexibilität bei der Modellierung erreicht.

    Es ist eine Beschreibung von Systemblöcken jeder Größe auf Ebenen unterschiedlichster Komplexität und beliebigen Abstraktionsleveln möglich. Die Sprachen sind gleichermaßen für eine rein physikalisch funktionale Modellierung auf der Bauelementeebene wie für eine reine Beschreibung des Klemmenverhaltens ganzer Anlagen geeignet. Diese Sprachen ermöglichen gleichzeitig Verhaltensbeschreibungen von analogen, digitalen und gemischten Systemen. Das Lösen von technischen Problemen wird im analogen Bereich auf die Lösung von Differentialgleichungssystemen zurückgeführt. Damit ist keine Festlegung auf elektrische Beziehungen getroffen, so daß auf gleicher Modellierungsebene thermische, mechanische oder hydraulische Probleme bearbeitet werden, ohne das eine Umsetzung über Äquivalenzbeziehungen notwendig ist. Zur Berechnung wird verallgemeinernd zwischen Across-Größen (v) und Through-Größen (i) unterschieden. Das Verhalten eines Bauelementes wird durch Aufstellen der Beziehungen zwischen den beiden Größen beschrieben. An jeder Klemme des Bauelement ist eine der Größen als Funktion der anderen gegeben.

      abhängige Größe = f (unabhängige Größe)

    Alle Gleichungen und Festlegungen zu einem Bauelement werden in einer Substruktur (Entity, Template) abgelegt.
    Für die Substrukturen existieren einheitliche Festlegung für den Aufbau nach folgendem Schema:

    Kopf (Name)
  •  Knotenbeschreibung (Name, Typ)
  • Parameter (Name, Typ, Defaultwert)
  • Beschreibung

  • Definition der verwendeten Variablen, Konstanten und Hilfsgrößen
  • Aufstellung der Knotenbeziehungen mit Gleichungen, Zustandsunterscheidungen, Nebenbedingungen
  • Unterscheidungen zu den Schaltungsanalyseformen (DC, AC, Trans)
  • Festlegungen zur Erhöhung der Konvergenzsicherheit und der physikalischen Plausibilität (Abfangen physikalisch unsinniger Ergebnisse)
  • Innerhalb der Beschreibung können andere Substrukturen aufgerufen werden. Eine Nachbildung komplexerer Systeme ist dadurch in Teilkomponenten möglich. Mit einer großen Anzahl vordefinierter Substrukturen besteht ein bibliotheksähnlicher Fundus, aus dem höherrangige Modelle zusammengesetzt werden können. Für die Zusammenschaltung solcher Bauelemente muß gelten: was den Kirchhoffschen Gesetzen der Elektrotechnik entspricht. Zwischen Teilsystemen unterschiedlicher physikalischer Natur werden Übergangsblöcke definiert, in denen die Umrechnung der physikalischen Größen erfolgt.

    Mit der Definition des Stroms als elektrische Through-Größe und der Spannung als Accros-Größe werden die Gleichungen für 2-, 3- oder n-Pole der Elektrotechnik aufgestellt. Im einfachen Fall eines Widerstandes mit den Anschlüssen 1 und 2 lautet damit die aufzustellende Gleichung:

    oder für eine Kapazität:

    Weitere Beziehungen innerhalb einer Bauelementebeschreibung können Temperatur- oder Frequenzabhängigkeiten festlegen.
    Beim Modellaufbau von Bauelementen, die über die Grundelemente R, L und C hinausgehen, wird dem Modellierer freie Wahl bei der Anwendung verschiedener Beschreibungsmöglichkeiten und Techniken gelassen. Der Aufbau der Modelle kann direkt über Gleichungen erfolgen, wenn ein eindeutiger physikalischer Zusammenhang beschreibbar ist. Zur Halbleitermodellierung müssen oft innerhalb einer Substruktur zusätzliche Knoten geschaffen werden, um beispielsweise bei Ladungsänderungen zwischen den einzelnen Regionen mehrschichtiger Halbleiter differenzieren zu können. Da sich die Gleichungen auch Bauelementen zuordnen lassen, entstehen so Ersatzschaltungen in Form von Gleichungssystemen. Wegen der besseren Anschaulichkeit und den anderen in Kap. 3.1.1 genannten Vorteilen besteht aber auch die Möglichkeit der direkten Eingabe von elektrischen Ersatzschaltung in Form von Netzlisten. Hinter den Ersatzschaltelementen stehen in den Substrukturen die entsprechenden Gleichungen.

    Die Beschreibung von nichtlinearen Zusammenhängen wird einfacher, wenn diese in einzelne Abschnitte untergliedert werden, um den Gültigkeitsbereich von Gleichungen zu beschränken. Die Verwendung von Fallunterscheidungen (IF-THEN) ermöglicht eine vom Systemzustand abhängige Modellierung. Berechnungsergebnisse, die zu Konvergenzschwierigkeiten führen würden, sind durch Begrenzungen abzufangen.

    Als Nachteile für den Einsatz der Modelliersprachen müssen die relativ hohen Kosten für hard- und software bei workstation basierenden Simulatoren genannt werden. Das Verständnis für den Modellinhalt geht bei umfangreichen mathematischen Konstruktionen und bei nicht hinreichend genauer Kenntnis der Modellierungssprache verloren. Die Modelle werden zum Teil zum Schutz der Urheberrechte kodiert, so daß sich der Anwender auf die Ergebnisse blind verlassen muß. Eine Austauschbarkeit der Modelle zwischen den Simulatoren ist im allgemeinen nicht gegeben.

    Zur Behebung des letzten Mangels werden gegenwärtig große Anstrengungen unternommen, um eine Standardisierung einer analogen Beschreibungssprache zu erreichen. Vom IEEE Design Automation Standartization Committee wird aus diesem Grund eine Arbeitsgruppe unterstützt, die in bezug auf den Standard VHDL für digitale Simulationstools eine analoge Spracherweiterung mit dem Namen VHDL-A entwickelt.


    Zusammenfassung und Wertung der Beschreibungssprachen

     
    Tab. 3.3 Vergleich der Beschreibungsprachen hinsichtlich ihrer Eignung für die Verhaltensmodellierung von Leistungshalbleiterbauelementen
    Ersatzschaltungen Zustandsgraphen Hochsprachen
    Abbildung äußerlich meßbarer Eigenschaften auf elektrische Ersatzschaltelemente in Netzwerken Zerlegung des Systems in Netzwerke aus Zuständen mit analytischer Berechnung der Eigenschaften programmiersprachenförmige Beschreibung in beliebiger Form mit Gleichungen, Netzwerken oder Zuständen
    vorrangig für elektrische Größen, andere physikalische Gesetzmäßigkeiten über Analogiebeziehungen keine Beschränkung auf Elektrotechnik, direkte Berechnung aller physikalischen Größen möglich keine Beschränkung auf Elektrotechnik, direkte Berechnung aller physikalischen Größen möglich
    weite Verbreitung auf PC-Basis und workstation geringer Bekanntheitsgrad geringere Verbreitung, nur auf workstation
    auf andere Simulationssysteme übertragbar keine Übertragbarkeit keine Übertragbarkeit
    hohe Anschaulichkeit durch direkte physikalische Interpretation, vertraute Denkweise des Elektroingenieurs geringere Anschaulichkeit durch höheren Abstraktionsgrad, Denkweise der Steuer- und Reglungstechnik Anschaulichkeit je nach Wahl der Umsetzungsform
    realisierbare Eigenschaften vom Modellumfang begrenzt Selektion wirksamer Eigenschaften durch Zustände Selektion wirksamer Eigenschaften durch Zustände
     
    Inhaltsverzeichnis

    3.2 Klemmenverhalten nach der Mehrpoltheorie

     #Anfang
    Ein lineares elektrisches Bauelement kann durch die Beziehungen von Strömen und Spannungen an den Ein- und Ausgängen vollständig beschrieben werden (Abb. 3.7). Da aber in den meisten Fällen nichtlineare, zeitabhängige Zusammenhänge zu beschreiben sind, werden zur Berechnung noch Hilfsvariablen (h), Zustandsvariablen (a), Zwischenergebnisse (s), die Ableitungen aller Größen und die Zeit t selbst herangezogen. Eine besondere Form der Mehrpoltheorie ist die Vierpoltheorie. Sie ist eine der ältesten verwendeten Methoden zur Beschreibung von gesteuerten Halbleitern. Ein allgemeingültiger Ansatz eines Gleichungssystems für das Klemmenverhalten eines Vierpols ist in /Clauß/ gegeben:

    Für n-Pole erweitert sich die Anzahl der Abhängigkeiten um das n-Fache.
    Ein Sonderfall des allgemeingültigen Ansatzes der Gl.(3.21-24) sind die Vierpolparameter von Transistoren. Der Transistor als Dreipol wird durch den gleichzeitig als Aus- und Eingang genutzten Anschluß in einen Vierpol überführt. Mit Hilfe von 4 linearen oder nichtlinearen Parametern werden Beziehungen statisch oder im Frequenzbereich beschrieben. Die statischen Parameter sind zur Nachbildung der Strom- und Spannungsverhältnisse von Leistungshalbleitern geeignet. Durch unterschiedliche Kombinationen der Aus- und Eingangsgrößen existieren verschiedene Beschreibungsformen von Vierpolparametern /Milden/. Bekannt sind beispielsweise eine Widerstandsform oder eine Leitwertform. Zur Darstellung des Übertragungsverhaltens von spannungsgesteuerten Bauelementen wird der Übertragungsleitwert y21 benötigt:

    Für Bipolartransistoren wird dagegen wegen der praxisnahen Parameter die Hybridform (h-Parameter) verwendet, da hier neben der Eingangsimpedanz h11 und der Ausgangsadmittanz h22 die Stromverstärkung h21 eine entscheidende Rolle spielt.

    Zur Bestimmung wird eine Aus- oder Eingangsgröße in einem Summand der Gleichungen (3.25) oder (3.26) zu Null gesetzt. Mit den Bedingungen: V=0   Kurzschluß und I=0   Leerlauf, existieren klare Meßvorschriften, die allerdings in der Praxis nur näherungsweise zu realisieren sind. Alle Vierpolparameter sind meßtechnisch bestimmbar. Unter deren Verwendung entstehen Modelle, die das Klemmenverhalten der Bauelemente wiedergeben. Die Gleichungen können direkt in Ersatzschaltungen überführt werden (Abb. 3.8). Die damit erstellten Modell erfüllen bereits die Bedingungen für Modelle des Levels 2 (statische Modelle für geringe Schaltfrequenzen). Eine direkte Übernahme als statischer Bestandteil von dynamischen Modellen im transienten Betrieb ist ohne Veränderungen nicht möglich. Sie stellen aber einen guten Lösungsansatz dar.

    Eine Aneinanderreihung von Vierpol-Kleinsignalparametern zu einer Großsignalbeschreibung ist nicht immer zulässig. Beispiel sind die Halbleiterkapazitäten, die mit einer Kapazitätsmessung im stromlosen Zustand ermittelt werden und im Gegensatz dazu die Ladungsverhältnisse, die sich tatsächlich bei Stromfluß ergeben.



    Inhaltsverzeichnis

    3.3 Arbeit mit Kennlinien

     Anfang
    Das Verhalten von Bauelementen wird oft mit Kennlinien dokumentiert. Es ist ein wesentliches Merkmal der verhalteynsbeschreibenden Modellierung, daß man diese zur Nachbildung der Bauelementeeigenschaften in die Modelle einbindet. Statische Kennlinien oder Kennlinienfelder sind unabhängig von äußeren Beschaltungen oder unter Variation nur einer Größe aufgenommen worden. Sie ermöglichen somit eine Verhaltensbeschreibung unter beliebigen stationären Schaltungsbedingungen. Die wichtigsten statischen Kennlinien sind Strom-/Spannungsbeziehungen an den Anschlußklemmen und Kennlinien zur Charakterisierung des Übertragungsverhaltens. Kennlinien aus Datenblättern sind je nach Angabe Mittelwerte oder Grenzwerte. Das reale Bauelement weicht damit in der Regel von diesen Werten ab. Am Bauelement gemessene Kennlinien weichen nur um den Meßfehler von der Realität ab, besitzen aber keinen allgemeingültigen Charakter.

    Zur Umsetzung der Kennlinien existieren verschiedene Lösungswege. Die Übernahme kann abschnittsweise mit Geraden, durch Approximation mit einer Gleichung oder direkt über Stützstellen erfolgen.

    Eine simple aber schon etwas antiquierte Form ist die abschnittsweise Approximation von Kennlinien durch Geraden. Ein Vorteil ist die einfache Lösung durch Aufstellen von Geradengleichungen mit wenigen Parametern, ein wesentlicher Nachteil sind Konvergenzprobleme, die wegen der Unstetigkeiten an den Schnittstellen der Geraden auftreten, und der naturgemäß große Fehler. Anhand der Konstruktion eines vereinfachten Ausgangskennlinienfeldes eines Transistors sollen die verschiedenen Techniken bei der Arbeit mit Kennlinien beschrieben werden.

    Abb. 3.9Die Approximation beginnt mit einer Aufteilung in Kennlinienabschnitte, die mit einem vertretbaren Fehler durch Geraden genähert werden können. Das Aufstellen der Geradengleichungen stellt kein Problem dar:

    Mit den nach der Spannung:

    oder dem Strom:

    umgestellten Geradengleichung sind Ersatzschaltung gemäß Abb. 3.9 a) und b) aufzubauen.
    Weiterhin ist zu entnehmen, daß Kennlinien parallel zur Ordinate mit einer Gleichspannungsquelle und parallel zur Abszisse mit einer Stromquelle verschoben werden können. Für eine einzelne Gerade sind beide Verfahren gleichwertig, nicht aber bei Konstruktionen aus mehreren linearen Abschnitten. Eine Kennlinienschar mit parallel zur Abszisse verschobenen Ästen erhält man demnach durch eine gesteuerte Stromquelle (Abb. 3.10). Die Steuergröße   kann nichtlinear sein.

    Damit man Teile des Kennlinienfeldes ausschließen und Gültigkeitsgrenzen für Kennlinienabschnitte festgelegen kann, bedarf es eines "Schalters". Dazu wird das Bauelement einer idealen Diode eingeführt.

    Für das Ausgangskennlinienfeld des Transistors müssen in Abb. 3.9 a) die Spannungen im III. und IV. Quadranten und in Abb. 3.10 die Ströme im II. und III.Quadranten für die äußeren Klemmen unwirksam gemacht werden. Die Reihenschaltung von D1 zu V0 verhindert negative Ströme und die Parallelschaltung von D2 schließt die Stromquelle kurz, wenn die Bedingung V<= V0+IR1 erfüllt ist. Beide Kennlinienabschnitte sind miteinander zu verknüpfen. Da nur der Kennlinienteil mit dem Anstieg R2 in Abhängigkeit von   parallel zur Abszisse zu verschieben ist, werden Stromquelle, R2 und D2 in Reihe zur übrigen Ersatzschaltung geschaltet. Eine Parallelschaltung beider Schaltungsteile hätte eine Anhebung der gesamten Kennlinie zur Folge. Mit der in Abb. 3.11 dargestellten Ersatzschaltung entsteht das vereinfachte Ausgangskennlinienfeld eines Transistors (siehe auch BJT in Kap 5.2). Mit verschiedenen nichtlinearen Funktionsabschnitten läßt sich die Übereinstimmung mit einem realen Bauelement weiter erhöhen.

    Werden Geradennäherungen von Kennlinien benutzt, ist es vorteilhaft für den Übergangsbereich der Geraden, Gleichungen aufzustellen, die einen stetigen Übergang von einem Kennlinienabschnitt zum nächsten garantieren und damit das Konvergenzverhalten der Modelle verbessern /Leonh/. Die angewandten Techniken zur Begrenzung der Gültigkeitsbereiche und zurVerschiebung von Geradenabschnitten lassen sich sinngemäß auch auf anderen Funktionen anwenden.
    Ein Verfahren zur abschnittsweisen Nachbildung von Kennlinien ist eine Approximation mit halbseitig fastlinearen Basisfunktionen. Bewährt hat sich die Funktion:

    Ohne die Störung   ist die Funktion für x <= x0 gleich Null und für x >= x0 verläuft die Funktion nach der Geradengleichung
    y = 2k(x-x0). Die Störung  sorgt für den allmählichen Übergang zwischen den beiden Geraden (Abb. 3.12).

    Die Umsetzung in elektrische Ersatzschaltungen ist durch Polynomquellen möglich. Der Wurzelausdruck wird substituiert und in einem Hilfsnetzwerk berechnet. Mit verschiedenen Werten für k, x0 undkönnen abschnittsweise lineare Kennlinien zusammengesetzt werden, ohne daß die oben für Geradengleichungen beschriebenen Probleme mit dem Konvergenzverhalten auftreten /Voigt/.

    Für das Konvergenzverhalten des Modells in einer Simulationsschaltung ist die geschlossene stetige Beschreibung mit einer Gleichung am günstigsten. Stetig differenzierbare Funktionen erhöhen die Stabilität von Iterationsverfahren für die numerische Lösung von Gleichungssystemen.

    Eine Möglichkeit, die Gleichung zu ermitteln besteht darin, sie aus bekannten physikalischen Zusammenhängen herzuleiten und sie zur verhaltensbeschreibenden Modellierung aufzuarbeiten. Zur Überführung in Ersatzschaltungen müssen die Gleichungen in elektrisch interpretierbare Glieder (Ströme, Spannungen, Widerstände...) zerlegt werden. Eine Berechnung von Zwischenergebnissen kann in Hilfsnetzwerken erfolgen. Ein Problem stellen fehlende Halbleiterparameter dar, Abhilfe können da semiempirische Lösungen schaffen. Dieser Schnittpunkt zur halbleiterphysikalischen Modellierung liefert sehr oft gute Ergebnisse.

    Eine andere Möglichkeit ist es, Datensätze der Kennlinie mit einem Funktions-Fit zu approximieren. Kommerzielle mathematische Softwarepakete besitzen im allgemeinen die Fähigkeit, eingegebene Wertepaare mit einem Fit durch eine Gleichung zu nähern. Sie verbinden meist die Approximation mit einer Minimierung der Abweichung nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate F:

    wobei X der Datenpunkt und x Wert der approximierten Funktion an der Stelle n ist.
    Die häufigste Form der Kurvenapproximation sind Polynomreihen. Mit steigenden Potenzen kann der Fehler zwischen vorgegebenen Grenzen beliebig verringert werden. Eine bessere Übereinstimmung wird erreicht, wenn die Glieder der Reihe eine mathematische Form besitzen (exp, trigonometrische Funktionen), die dem tatsächlichen funktionalen Zusammenhang sehr nahe kommt /Wolfram/. In allen Fällen sind die Gültigkeitsgrenzen anzugeben, da außerhalb dieser Grenzen der Fehler schnell zunimmt. Insbesondere Polynome höherer Ordnung beginnen stark zu oszillieren. Dieser Nachteil der höhergradigen Polynome gewinnt an Bedeutung, wenn man beachtet, daß der Simulator bei seiner iterativen Lösungsfindung auch außerhalb dieser Grenzen arbeiten kann.
    Mit einem sehr geringen Bearbeitungsaufwand kommt man aus, wenn der Simulator die Möglichkeit bietet, Kennlinien direkt als Wertepaare in Tabellenform zu verarbeiten. Die Wertepaare lassen sich aus Diagrammen eines Datenblattes auslesen oder entsprechen den Meßpunkten einer gemessenen Kennlinie. Dem Bauelement werden die Stützstellen in der Form y = f(x) zugeordnet. Die Anwendung der Wertepaare ist nicht nur auf Strom-Spannungs-Kennlinien (z.B. für einen pn-Übergang) beschränkt. Auf diese Art kann jede beliebige monoton wachsende Funktion einem Bauelement zugeordnet werden, unter Umständen auch indirekt mit gesteuerten Quellen.

    Bei den meßtechnisch gewonnenen Punkten ist eine graphische Darstellung vor der Modellierung angebracht. Ein monotoner Kurvenverlauf ist sicherzustellen, eventuelle Ausreißer sind zu eliminieren. Die Verwendung einer Glättungsfunktion kann zu Verschiebungen führen, bei wenigen Meßpunkten ist deshalb eine Korrektur per Hand vorzuziehen. Um Änderungen im Monotonieverhalten bei exponentiellen Kurvenverläufen aufzudecken, ist eine logarithmische Darstellung hilfreich. Mit höher werdender Anzahl von Wertepaaren läßt sich der Fehler, der durch die Interpolation zwischen den Punkten entsteht, vermindern.

    Besonders stark gekrümmte Kurvenabschnitte sind mit einer hohen Anzahl von Stützstellen zu versehen, da dort die größten Abweichungen entstehen und starke Unstetigkeiten zwischen den interpolierten Abschnitten auftreten (Abb. 3.13).

    Anhand der Diodenkennlinie soll noch ein praktisches Beispiel für die Brauchbarkeit der einzelnen Lösungen gegeben werden. Die erste grobe Näherung der Diodenkennlinie ist mit 2 Ersatzgeraden möglich, deren Schnittpunkt die Schleusenspannung VF0 ist:

    Mit roff  ->  , ron ->  0 und VF0 = 0 ergibt sich mit den Geraden ein ideales Diodenverhalten. Die Unstetigkeiten dieser Kennlinie können zu Schwierigkeiten bei der Netzwerkberechnung führen.

    Eine Form der geschlossenen Beschreibung mit einer stetigen Gleichung ist die Exponentialfunktion nach Gleichung (3.3) In der Strom-Spannungs-Kennlinie des pn-Übergangs dominiert bei kleineren Strömen die exponentielle Spannungsabhängigkeit des Diffusionstroms, für größere Ströme tritt eine Linearisierung durch den Bahnwiderstand auf. Dieser wird durch Reihenschaltung eines Widerstandes in einer Ersatzschaltung berücksichtigt. In der Leistungselektronik verursachen sehr hohe Ströme durch die Hochinjektion von Minoritätsträgern eine Anhebung der Majoritäten, so daß die Leitfähigkeit der Bahngebiete angehoben wird. Daraus ergibt sich eine quadratischen Abhängigkeit, die mit einer Parabelfunktion zu modellieren ist:

    Mit beiden Gleichungen ist nur in Teilbereichen die reale Funktion nachzubilden. In Abhängigkeit vom Arbeitspunkt ergeben sich unterschiedlich große Abweichungen (Abb. 3.14).

    Besonders günstig dagegen, auch in Bezug auf die Übernahme von Datenblattwerten, ist die direkte Zuordnung der Kennlinie über Wertepaare I=f (V). In Folge der hohen Ströme (Hochinjektion von Minoritätsträgern) und den unterschiedlichen Schichtfolgen einschließlich niedrigdotierter Bahngebiete besitzen auch andere leistungselektronische Bauelemente Kennlinien, die sich aus Teilen der vorangegangen Funktionen zusammensetzen und sich nicht geschlossen mit einer der Gleichungen (3.3) oder (3.33) realisieren lassen. Mit der Vorgabe eines Gleichungstyps oder von Geradenabschnitten wird die Lösungsvielfalt eingeschränkt und es treten zwangsweise größere Abweichungen auf. Dagegen können mit Wertepaaren beschriebene Kennlinien jede beliebige Funktion im Lösungsfeld beschreiben. Mit keiner analytischen Funktion kann über den gesamten Kennlinienverlauf eine ähnlich hohe Übereinstimmung erzielt werden. In einer solchen Zahlenfolge sind alle statischen Spannungsabfälle der Sperrschicht und der Bahngebiete vereinigt.



    1 Simplorer ist ein eingetragenes Warenzeichen der Simec GmbH & Co KG /Simplor/
    DesignCenter ist ein eingetragenes Warenzeichen der MicroSim Corp. und ist eine Weiterentwicklung des Simulators PSpice /DesignC/
    3 MAST ist ein eingetragenes Warenzeichen der Analogy Corp. und Modellierungsprache für den Simulator SABER /SABER/
    4 HDL-A ist ein eingetragenes Warenzeichen der ANACAD Electrical Engineering Software Inc. und Modellierungsprache für den Simulator ELDO