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3.4 Parametergewinnung durch Messung

Das Verhaltensmodell eines Bauelementes, daß sich auf die wesentlichen Grundeigenschaften beschränkt, ist sicherlich mit theoretischen Überlegungen und dem Heranziehen von Datenblattangaben zu erstellen. Eine detailliertere Modellierung erfordert das Studium des Bauelementes an unterschiedlichsten Arbeitspunkten, die Ergänzung von Parametern zusätzlich zu den Datenblattwerten und eine Verifikation des Modells in der praktischen Schaltung. Folglich ist ein kombinierter Prüf- und Meßaufbau für das zu modellierende Bauelement notwendig. Es ist eine Lösung zu finden, die einerseits für das Studium des Bauelementeverhaltens und die Verifikation praxisnahe Einsatzbedingungen schafft und die andererseits die Gewinnung von statischen und dynamischen Parametern erlaubt. Es müssen Meßprinzipien angewandt werden, welche die benötigten Meßwerte reproduzierbar liefern und bei denen der Meßfehler real einzuschätzen ist.

3.4.1 Meßprinzipien und Meßverfahren

Im wesentlichen beschränken sich die Messungen an Leistungshalbleitern auf die Untersuchung des Großsignalverhaltens. Eine Ausnahme bildet die Kapazitätsbestimmung, bei der über die Extrapolation von Kleinsignalparametern in einem gewissen Bereich auf das Großsignalverhalten geschlossen werden kann. Nachfolgend sind die zur Untersuchung und Parametergewinnung angewendeten Verfahren kurz beschrieben. Zur Aufnahme der statischen Kennlinien von Leistungshalbleitern hat sich das Impulsverfahren in der Tiefsetzstellerschaltung (Abb. 3.17) durchgesetzt. Das Bauelement wird bei diesem Verfahren mit kurzen Impulsen einer sehr niedrigen Frequenz (...1Hz) oder als Einzelimpuls angesteuert. Ziel ist, die Verluste minimal zu halten, damit die Meßwertverfälschung durch eine Temperaturänderung während der Messung vernachlässigbar ist. Die Impulslänge muß folglich so klein wie möglich sein. Zur Ermittlung statischer Bauelementekennwerte müssen die Schaltvorgänge abgeschlossen sein, woraus sich eine Mindestimpulslänge ergibt. Die optimale Impulslänge kann nicht allgemeingültig vorgegeben werden, sondern ist vom Bauelement und seiner Leistungsklasse abhängig. Bei Kenntnis der zu erwartenden Verluste und einer max. zulässigen Temperaturänderung kann die Impulslänge grob aus dem transienten Wärmewiderstand berechnet werden.

Mit dem ermittelten Wert von Zth kann aus der entsprechenden Funktion des Datenblatts die Einschaltdauer nach einem Verlustleistungssprung abgelesen werden. Zu beachten ist allerdings, daß die reale Sperrschichttemperatur bei großen Leistungssprüngen weit höher ist, als mit dem im Datenblatt angegebenen Mittelwert für Zth berechnet wurde /Borucki/. Für den im Kapitel 4 untersuchten IGBT wurden als Impulsdauer ca. 20µs gewählt. Für die Aufnahme von Kennlinien mit unterschiedlichen Chiptemperaturen ist das Bauelement extern zu heizen.

Zum Messen der Sättigungskennlinie und für Untersuchungen zur Leitwertmodulation am IGBT ist es günstig, Stromimpulse auf das bereits eingeschaltete Bauelement zu geben. Dazu ist in Reihe zum Prüfling ein zweiter IGBT zu schalten. Mit dessen Gatespannung wird die Höhe des Stromimpulses eingestellt. Das zu untersuchende Bauelement bleibt im Leerlauf ständig eingeschaltet, bzw. wird rechtzeitig vor dem Stromimpuls angesteuert. Prinzipbedingt können beim Impulsbetrieb nur Stromimpulse mit ohmscher Last oder Stromrampen bei induktiver Last erzeugt werden.

Es dient zur Untersuchung des Schaltverhaltens bei freilaufendem induktiven Laststrom. Während eines ersten längeren Einschaltimpulses (Abb 3.15) wird Energie in der Lastinduktivität des Tiefsetzstellers gespeichert. Der Prüfling wird kurzzeitig abgeschaltet, während dieser Phase fließt der Strom über die Freilaufdiode. Im nachfolgenden zweiten Einschaltimpuls übernimmt der Prüfling den Laststrom. Dies ist der eigentliche Meßimpuls. Es können sowohl das Einschalten wie auch das Ausschalten bei vollem Laststrom untersucht werden. Die Schaltverluste für den energetisch ungünstigsten Fall der induktiven Last sind bestimmbar. Es kann auch bei dieser Methode von einer temperaturunabhängigen Meßwertaufnahme ausgegangen werden. Das Verhältnis der Länge von Impuls 1 zur Freilaufphase sollte so gewählt werden, daß auch bei diesem Verfahren von einer temperaturunabhängigen Meßwertaufnahme ausgegangen werden kann. Zur Aufnahme von statischen Kennlinien kann bei sehr kleinen Stromwerten an dem Prüfling mit Gleichgrößen gearbeitet werden. Als obere Grenze mögen ca. 5% des Nennstromes dienen. Oberhalb dieser Grenze ist das Verfahren auf Grund der entstehenden Verluste und der damit verbundenen Erwärmung nicht mehr geeignet. Halbleiterkapazitäten sind in den meisten Fällen spannungsabhängig und bestimmen als wesentliche Größe das Schaltverhalten. Eine Messung für einen Arbeitspunkt ist für die Modellierung nicht ausreichend. Ein Meßverfahren besteht darin, Kleinsignalkapazitäten zu ermittelt, in dem mit Hilfe einer hochfrequenten sinusförmigen Spannung (f  <= 100kHz) die Impedanz an den Anschlüssen in unterschiedlichen Kombinationen (Abb. 3.21) bestimmt wird. Das Bauelement ist für die spannungsabhängigen Meßpunkte mit einer einstellbaren Gleichspannung vorzuspannen. Gemessen werden die Effektivwerte von Wechselstrom und Wechselspannung und als Parameter die eingestellte Gleichspannung. Der Wechselstromwiderstand kann bei dieser Frequenz dem kapazitiven Widerstand gleichgesetzt werden, ohmsche oder induktive Anteile sind vernachlässigbar.

Der Impedanzanteil der Kapazitäten bei typischen Werten für Leistungshalbleiter (100pF...nF) liegt weit über 100 , der Anteil der Induktivitäten (...nH) und Widerstände (.. ) nur bei wenigen Ohm, so daß der relative Fehler unter 1% liegt. Sollte dies nicht der Fall sein, kann die Frequenz verringert oder die Störgröße nach einer 2. Messung mit anderer Frequenz rechnerisch eliminiert werden.

Die Meßergebnisse besitzen solange Gültigkeit, wie sich das Bauelement im sperrenden Zustand befindet. Beim Übergang in den leitenden Zustand sind wegen der am Stromfluß beteiligten Ladungen die auf diese Art ermittelten Werte unbrauchbar. Bei Modulen mit integrierter Freilaufdiode kann die Beziehung C=f(VCE) nicht für negative Ausgangsspannungen ermittelt werden, da diese ab 0,7V in den leitenden Zustand übergeht.

Zur Berechnung der Eingangskapazitäten von spannungsgesteuerten Leistungshalbleitern (MOSFET, IGBT) kann die Gateladungskurve V=f(Q) herangezogen werden.

In dem zur Aufnahme der Beziehung verwendeten Meßverfahren (Abb 3.16) wird mit einer Konstantstromquelle für eine Impulsdauer von einigen µs ein konstanter Strom in den Ansteuereingang eingespeist. Dadurch verändern die Spannungen an den Klemmen des Bauelementes ihren Wert nahezu linear. Die besten Ergebnisse erzielt man mit hochohmigem Lastwiderstand, da dann die Plateauphase der Gatespannung keine Funktion des Laststromes mehr ist. Die Stromimpulslänge ist so zu begrenzen, daß die maximal zulässige Eingangsspannung auf keinen Fall überschritten wird. Zur Auswertung werden die Spannungen mit einem Digital Speicher Oszilloskop DSO aufgezeichnet, der Gatestrom wird aus dem Spannungsabfall über RG gewonnen. Sollen Gatestrom und die Spannungen gleichzeitig oszillographiert werden, ist auf die unterschiedlichen Bezugspotentiale zu achten (potentialgetrennte DSO-Eingänge mit Differenzverstärker). Unter der Voraussetzung eines konstanten Stromes ist es möglich, auf der Abszisse anstatt der Zeit auch die Ladung aufzutragen.

Das Vorgehen zur Berechnung der Kapazitätswerte aus den Spannungsverläufen ist bei der Parametergewinnung für das IGBT-Modell in Kap. 4.5 detailliert beschrieben. Im Gegensatz zur CV-Kurvenmessung können hier auch die im eingeschalteten Zustand des Bauelementes wirksamen Kapazitäten bestimmt werden. Wegen der kleinen Stromwerte, der Toleranz des Meßwiderstandes und dem Offsetfehler am DSO ist die Strommessung die maßgebliche Fehlerquelle.

Beim häufigsten angewandten Verfahren werden die Verluste eines Schaltimpulses in den Leistungshalbleitern aus Oszillogrammen durch Multiplikation der Augenblickswerte von v(t) und i(t) und einer anschließenden Integration berechnet:

Es ist auch das einzige Verfahren, bei dem eine Aufteilung in einzelne Verlustkomponenten (Einschalt-, Ausschalt- und Leitverluste) möglich ist. Die Sperrverluste liegen unterhalb der mit der DSO-Auflösung ermittelbaren Werte und sind vernachlässigbar. Die zeitlichen Grenzen zur Berechnung der Teilverluste werden gemäß den Schaltzeitdefinitionen des ausgemessenen Bauelementes oder nach Abklingen der dynamischen Vorgänge gesetzt.

Ein zweites Verfahren ist vorwiegend zur Verlustbestimmung der Halbleiter in Brückenschaltungen bestimmt. Es sind die arithmetischen Mittelwerte von Strom und Spannung an der Last und die Leistungsentnahme aus der Stromversorgung zu messen. Die Subtraktion der Nutzleistung von der aufgenommenen Leistung liefert in guter Näherung die Verlustleistung in den Halbleitern. Die Messungen von Gleichgrößen bzw. arithmetischen Mittelwerten kann mit großer Genauigkeit erfolgen.
Das erstgenannte Verfahren ist wegen der willkürlich festgelegten Zeitgrenzen, der meßtechnisch vom DSO bedingten Ungenauigkeiten (Kap. 3.4.5) und der anschließenden Integration der Meßgröße im Hinblick auf den Absolutwert von Wv stark fehlerbehaftet. Es ist dagegen relativ genau bei der Bestimmung der Relationen der Teilverluste zueinander. Durch die Kombination der beiden Verfahren ist eine größere Sicherheit zu gewinnen /Bober/. Mit dem zweiten Verfahren werden die Gesamtverluste in einem Brückenzweig ermittelt und mit der Summe der Verluste aus dem ersten Verfahren gleichgesetzt.
 

3.4.2 Meß- und Prüfschaltungen

Aus den genannten Meßverfahren ergeben sich eine Reihe von Anforderungen an die Meßschaltung, denen mit einem einzigen Aufbau nicht genüge getan werden kann. Bei der Auswahl der Testschaltung soll ein Kompromiß zwischen hoher Funktionalität und geringem Aufwand gefunden werden. Eine solche Schaltung, welche die Anforderungen in vielen Punkten erfüllt, ist der Tiefsetzsteller (Abb. 3.17). Mit einer Variation der Last- und Ansteuer-bedingung eignet sich diese Schaltung zur Aufnahme aller statischen Kennlinien. Gleichzeitig kann der Aufbau auch als Teilkomponente einer Brückenschaltung betrachtet werden. Somit besteht die Möglichkeit die Schaltverhältnisse für eine der wichtigsten Einsatzgebiete von abschaltbaren Leistungshalbleitern zu untersuchen. Zur Realisierung sind neben dem Prüfling nur zwei stabilisierte, einstellbare Spannungsquellen (VCC, VB), ein Impulsgenerator, der Treiber, die Freilaufdiode und verschiedene Lasten notwendig.

Ein Problem stellt die entstehende Verlustenergie im Prüfling und in der Last bei Betrieb mit nicht lückendem Laststrom dar. Die als induktive Last verwendete Spule muß folglich einen geringen ohmschen Widerstand besitzen. Nach Erreichen eines stationären Strommittelwertes wird mit jedem Einschaltimpuls Energie zur Kompensation der Verluste des Freilaufkreises zugeführt. Prinzipiell kann mit Hilfe des Tastverhältnisses und der Schaltfrequenz jeder beliebige Strom eingestellt werden. Diese Betriebsart erfordert einen Kompromiß zwischen Erwärmung des Prüflings durch die Länge der Einschaltdauer und durch Schaltverluste in Folge hoher Frequenz. Die Temperatur ist kein freier Parameter mehr.

Mit einigen Ergänzungen entspricht der in Abb. 3.17 dargestellte Schaltungsaufbau dem, wie er für den im Kapitel 4 untersuchten IGBT verwendet wurde. Bei den eingesetzten Halbbrückenmodulen konnte die Freilaufdiode der positiven Brückenhälfte als Freilaufzweig für die Last genutzt werden. Daraus resultieren mehrere Vorteile:

Komplette Halbbrückenmodule mit einem zweiten schaltenden Leistungstransistor erhöhen durch die Spannungsänderung über den Halbleiterkapazitäten die Schwingneigung der Schaltung, besser ist daher ein Modulaufbau nach Abb 3.18 Die Reihenschaltung eines zweiten Transistoren zum Prüfling Tr1 ermöglicht dessen Schutz bei Kurzschlußversuchen und die Vorgabe definierter Stromimpulse auf das eingeschaltete Bauelement. Als Transistor 2 ist auf Grund seines rechteckigen SOA ein IGBT einzusetzen. Dessen Nennstrom muß ein Vielfaches von dem des Prüflings betragen.

Wird ein hochohmiger Widerstand parallel zum IGBT Tr2 geschaltet, kann Tr1 ständig im Leerlauf im eingeschalteten Zustand belassen werden. Durch kurzeitiges Zuschalten von Tr2 wird ein Stromfluß durch die Testschaltung möglich, dessen Höhe vom IGBT Tr2 durch die Vorgabe der Gatespannung begrenzt wird.

Beim Kurzschlußversuch kann Tr2 zum Abschalten des Stromes eingesetzt werden, falls das zu untersuchende Bauelement nicht (mehr) in der Lage ist, den Strom selbst zu schalten. Das Ansteuersignal für Tr2 muß rechtzeitig vor dem des Tr1 anliegen, damit die Meßergebnisse nicht vom Schaltvorgang beeinflußt werden.

Als Basisschaltung kann der oben beschriebene Tiefsetzsteller genutzt werden. Der Transistor Tr2 sollte allerdings nur bei den betreffenden Versuchen zugeschaltet werden. Der Verbleib als passives Bauelement bei allen weiteren Versuchen verursacht wegen der Halbleiterkapazitäten Schwingungen auf den Meßsignalen. Zur Erweiterung der Tiefsetzstellerschaltung werden eine zweite potentialgetrennte Spannungsquelle (VB2) und ein Schaltregime zur zeitlichen Koordinierung der Ansteuerimpulse benötigt. Das Ansteuersignal für Tr2 muß ebenfalls potentialgetrennt übertragen werden.

Eine weitere verwendete Meßschaltung ist die H-Brückenschaltung /Bober/. Sie dient vor allem der Verlustleistungsbestimmung und der Untersuchung des Schaltverhaltens von Leistungshalbleitern unter praxisnahen Bedingungen. Die Ansteuerung der beiden Transistoren erfolgt wechselseitig, so daß immer ein Freilaufkreis über eine Diode und einen eingeschalteten Transistor besteht. Für einen kurzen Augenblick im Umschaltmoment sind beide Transistoren eingeschaltet, um dem Lastkreis Energie zuzuführen und die Verluste während der Freilaufphase auszugleichen. Zum Aufbau werden zusätzlich zu den Komponenten der Tiefsetzstellerschaltung ein zweites Halbbrückenmodul einschließlich Ansteuerung, eine zweite potentialgetrennte Spannungsquelle (VB) und eine zeitliche Koordinierung der Ansteuerimpulse benötigt. Diese werden bei Leistungshalbleitern vor allem zur Bestimmung der Spannungsabhängigkeit der Kapazitäten gemessen. Die Bezeichnungen gelten für die Anschlüsse des IGBT, sinngemäß können die Verhältnisse auch auf andere Halbleiterklemmen übertragen werden.
Mit dem Schaltungsaufbau nach Abb 3.21a) wird die Eingangskapazität

des Bauelementes bestimmt. Die Kapazität zwischen den Ausgangsklemmen wird über den parallelgeschalteten Elektrolytkondensator für den Wechselstrom kurzgeschlossen. Gemäß der Ersatzschaltung liegen für diese Anordnung die beiden Interelektrodenkapazitäten CGE und CGC parallel.
Durch den Kurzschluß der Eingangsklemmen in Schaltung b) läßt sich über die gemessenen Wechselgrößen (i2; v2) die Ausgangskapazität berechnen:

Der Schaltungsaufbau c) ist mit b) identisch, lediglich wird hier der Strom i1 durch die Eingangsklemmen gemessen. Bei spannungsgesteuerten Bauelementen wird so ein Teilbereich der Rückwirkungskapazität

ermittelt. Interessant ist besonders der Bereich in der Nähe des Nullpunktes wegen der starken Kapazitätsänderungen in diesem Abschnitt.

3.4.3 Technische Anforderungen an Meßaufbauten

In den Meßschaltungen zur Untersuchung, Parametergewinnung und Modellverifikation werden die Bauelemente bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und teilweise darüber hinaus beansprucht. Es ist ein Kompromiß zwischen leichtem Zugang zu den Bauelementen und einem kompakten, induktivitätsarmen Aufbau zu finden. Nachfolgend werden die Erfahrungen wiedergegeben, die beim Aufbau eines Versuchsstandes zur Parametergewinnung und Verifikation von IGBT-Modellen gewonnen wurden.

Bei schnell schaltenden Leistungshalbleitern ist die geometrische Anordnung der Komponenten besonders kritisch. Zur Vermeidung von Streuinduktivitäten sind kurze Verbindungen zur Ansteuerschaltung und im Lastkreis sicherzustellen. Die Treiberplatine zur Ansteuerung der Prüflinge wurde deshalb senkrecht auf die Module aufgesteckt (Abb. 3.22) und mit einem großflächigen Massepotential im Layout versehen, so daß praktisch keine Fläche durch eine Leiterschleife im Ansteuerkreis vorhanden ist. Der Ansteuerimpuls wird über eine flexible verdrillte Leitung zur Leiterplatte mit der Treiberschaltung geführt. Die Leistungshalbleiter und die Elektrolytkondensatoren zum Stützen der Lastspannung VCC sind in unmittelbarer Nachbarschaft zu positionieren. Beide sollten über Anschlußfahnen aus Flachkupfer in Sandwichbauweise (Leiter-Isolator-Leiter) miteinander verbunden werden. Der Unterschied zwischen den Streuinduktivitäten von Flach- zu Rundleiter liegt bei vergleichbaren Abmessungen im Verhältnis von 1:10. Diese optimale Lösung kann aber wegen der Strommessung nur teilweise realisiert werden. Ein Stück Rundleiter für einen Strommeßwandler oder der Koaxialmeßshunt sind am Massepotential unmittelbar am Elektrolytkondensator einzufügen. Nachteilig ist, daß bei Bauelementen mit unterschiedlichen Gehäuseabmessungen neue Anschlußbleche benötigt werden. Zur Bedämpfung von Spannungspitzen sind Metallpapierkondensatoren parallel zu den Elektrolytkondensatoren geschaltet.

Der kombinierte Kühl- und Heizkörper mit dem aufgeschraubten Prüfling sollte aus einer Öffnung des Gehäuses herausragen. So können Umbauten bei Wechsel der Bauelemente vermieden werden. Außerdem sind so die elektrischen Anschlüsse für die Meßspitzen des DSO zugänglich. Das Herausführen der Anschlüsse über Koaxialkabel und Meßbuchsen an die Frontplatte des Meßaufbaus hat sich als nicht geeignet erwiesen. Der Meßfehler wird dadurch erhöht und es werden mehr Störungen in das Meßsignal eingestreut als bei direkter Messung.

In Bohrungen im Kühlkörper liegen die Heizpatronen, eine weitere Bohrung dient zur Aufnahme des Temperatursensors. Eine Temperaturregelung ist nicht zwingend notwendig, es vergeht zu viel Zeit bis zum Erreichen eines stationären Wertes. Mit einer Heizleistung von 50 bis 100W, je nach Kühlkörpergröße, ist während der Heizphase ausreichend Zeit, um temperaturabhängige Meßreihen aufzunehmen.

An die Ansteuerschaltung in einem Versuchsaufbau (Abb. 3.23) gibt es eine Reihe von Anforderungen, die zum Teil über die einer Treiberschaltung für industrielle Zwecke hinausgehen /Abraham/ /Licitra/. Kommerzielle Ansteuerschaltkreise sind wegen den darin enthaltenen Schutzfunktionen nur bedingt verwendungsfähig. Ein diskreter Aufbau kann an die speziellen Bedürfnisse besser angepaßt werden. Beispielsweise muß die Gatespannung für den Auszustand bis -20V und für den Einzustand bis +20V frei einstellbar sein. Ansteuerschaltkreise mit integriertem Unterspannungsschutz unterbinden dies und sind deshalb zur Aufnahme von Kennlinien nicht geeignet. Die Gatevorwiderstände müssen zur Untersuchung verschiedener Abhängigkeiten veränderbar sein. Es ist deshalb vorteilhaft, sie mit Lötösen auf der Leiterplatte zu befestigen. Dies ermöglicht gleichzeitig das Anbringen von Meßspitzen zum Oszillographieren des Gatestroms. Der zum Umladen der Eingangskapazität notwendige Strompeak muß auch bei sehr kleinen Gatevorwiederständen bereitgestellt werden können. Überschlägig gilt:

Der minimal zulässige Gatevorwiderstand RG(min) wird meist von den Herstellern vorgegeben, um das di/dt bzw. du/dt während des Schaltvorgangs auf ein Höchstmaß zu begrenzen. Mit einer Gatespannung von 15V und einem RG(min) = 3  entsteht so eine Stromspitze von nahezu 5A.
Für die Versuchsaufbauten mit 2 Leistungstransistoren nach Kap. 3.4.2 sind die beiden Betriebsspannungen und die Ansteuersignale potentialgetrennt bereitzustellen. Auch bei dem auf Massepotential liegenden Leistungstransistor wirkt sich die Potentialfreiheit bei großen Transienten der Ausgangsgrößen positiv auf das Schaltverhalten und die Meßergebnisse aus /Gößner/. Zur Potentialtrennung der beiden Betriebsspannungen sind zwei getrennte Übertrager notwendig, anderenfalls besteht eine unerwünschte kapazitive Kopplung zwischen den Wicklungen beider Betriebsspannungen.
Besondere Ansprüche werden an die Stromquelle für den Konstantstromversuch gestellt. Um einen geringen Fehler bei der Auswertung zu gewährleisten, muß der Strom einen fast idealen rechteckigen Verlauf haben. Mit der in Abb. 3.24 dargestellten Schaltung, kann diese Forderung erfüllt werden. Die Amplitude ist im Bereich von einigen mA bis einige 10mA mit Hilfe des Potentiometers einstellbar. Der Ansteuerimpuls wird von einem kommerziellen Frequenzgenerator eingespeist. An diesem ist auch die Impulslänge einzustellen. Sie ist abhängig von der Größe der Eingangskapazitäten des untersuchten Bauelementes. Als Meßschaltung kann der Tiefsetzsteller genutzt werden, wenn der Treiber durch die Konstantstromquelle ersetzt wird.

Die über einen externen Eingang bereitgestellten Ansteuersignale für die unterschiedlichen Messungen müssen in der Pulsfrequenz (1Hz...20kHz) und dem Tastverhältnis tein/T (1...10µ) über einen großen Bereich variiert werden können. Für einfache Signale bieten kommerzielle Impulsgeneratoren diese Möglichkeiten. Zur Koordinierung der Ansteuersignale von zwei Transistoren, für Einzelimpulse und Doppelimpulse, ist die Erzeugung am PC mittels software und die Einspeisung über die parallele Schnittstelle vorzuziehen.

3.4.4 Meßtechnik

Wichtigstes Meßinstrument zur Untersuchung schnell schaltender Leistungshalbleiter ist ein Digitalspeicher Oszilloskop (DSO). Er wird zur Untersuchung des Schaltverhaltens, der Aufnahme statischer Kennlinien, der Verlustbestimmung und der Verifikation von Simulationsergebnissen benötigt.

Besondere Gegebenheiten der Leistungselektronik sind steile Flanken und große Unterschiede zwischen den Minimal- und Maximalwerten der Ströme und Spannungen. Daraus ergeben sich sehr hohe Anforderungen an dieses Meßgerät, wodurch die Anschaffungskosten stark anwachsen. Wünschenswert ist eine hohe Amplitudenauflösung und eine hohe Grenzfrequenz. Die maximale Datenverarbeitungsbreite gibt als Summe für die Anzahl der Amplituden- und Zeitwerte die Obergrenze für die mögliche Auflösung vor. Daraus folgt, daß eine Erhöhung der Amplitudenauflösung eine geringere Zeitauflösung bedingt und umgekehrt. Für die anstehenden Meßaufgaben ist deshalb ein Kompromiß zu finden.
Anforderung:

Hinzu kommen als Meßwertaufnehmer Meßspitzen mit Spannungsteiler, Differentialtastköpfe, Koaxial-Shunts und Strommeßzange. Die Verwendung von aktiven Meßwertaufnehmern ist auf das Notwendigste zu beschränken, da sie als schwächstes Glied in der Meßkette den Meßfehler bestimmen.
Die Messung von Gleichgrößen und dem Effektivwert von sinusförmigen Wechselgrößen ist mit preiswerten Digitalmultimetern mit geringem Fehler und über einen großen Meßbereich möglich. 

3.4.5 Meßfehler

Da sich Meßfehler nicht vermeiden lassen, ist eine kritische Betrachtung aller aufgenommenen Kennwerte und Kurvenverläufe angeraten. Für jede Meßmethode sind mögliche Fehler aufzulisten und ihr Einfluß auf das Meßergebniss zu untersuchen. Wegen der immer vorhandenen parasitären Induktivitäten und Kapazitäten ist besonders bei dynamischen Vorgängen Vorsicht geboten. Für gemessene ungewöhnliche Erscheinungen ist gleichzeitig nach einer physikalisch begründeten Erklärung oder einem eventuell vorliegendem Meßfehler zu suchen.

Die nachfolgende Fehlerbetrachtung bezieht sich vor allem auf die durch die digitale Meßwertaufnahme verursachten Fehler. Zu diesen durch das Meßprinzip und die technischen Gegebenheiten verursachten Fehlern, kommen die individuell und durch thermische Einflüsse verursachten Fehler hinzu. Durch die Diskretisierung eines analogen Signals entsteht immer ein Fehler in Abhängigkeit von der kleinsten diskretisierbaren Einheit. Dies gilt sowohl für die Amplitudenauflösung als auch für die zeitdiskrete Auflösung.

Durch die Aufteilung eines analogen Signals in diskrete Einzelwerte ergibt sich eine mittlere Abweichung zwischen Meßwert und tatsächlichem Wert. Für diesen Diskretisierungsfehler gilt in Abhängigkeit von der Auflösung der AD-Wandler n/Bit und dem gewählten Meßbereich XB:

Der relative Fehler in Bezug auf das gemessene Signal X ergibt sich aus:

Aus den Gl. (3.43) und (3.44) wird ersichtlich, daß für einen kleinen Meßfehler der Meßbereich möglichst vollständig vom Meßsignal auszunutzen ist. Problematisch wird es, wenn sich das zu messende Signal innerhalb eines Zyklus um mehrere Zehnerpotenzen ändert, wie es typisch für die Leistungselektronik ist. Die für DSO mit hoher Abtastrate typische Auflösung von 8 Bit führt zu großen Meßfehlern. Angenommen, die Versorgungsspannung einer leistungselektronischen Schaltung betrage 400V, am DSO wurde ein Meßbereich mit 600V gewählt, so beträgt der Diskretisierungsfehler 1,17V. Mit einem Bit Quantisierungsrauschen entsteht ein Fehler von 3,51V. Dieser Wert liegt im Bereich der zu erwartenden Spannung der Leistungstransistoren im Leitzustand. Somit ist diese Messung zur Bestimmung der Sättigungsspannung oder zur Berechnung der Verluste im eingeschalteten Zustand nicht zu gebrauchen. Eine Möglichkeit zur Abhilfe ist ein DSO mit höherer Auflösung oder die Messung der Transienten als repetierende Signale, aus denen dann im DSO eine höhere Amplitudenauflösung rechnerisch ermittelt wird. Ein kleinerer Meßbereich kann gewählt werden, wenn gesichert ist, daß der Eingangsverstärker hinreichend übersteuert werden kann. Eine weitere Lösung zur Messung der Sättigungsspannung sind Klemmschaltungen, mit denen die hohen Blockierspannungen der Leistungstransistoren vom Meßsignal abgeschnitten werden. Die Abtastung zu diskreten Zeitpunkten mit dem Abstand  t verursacht eine Zeitunschärfe, welche die maximal mögliche Grenzfrequenz fg bzw. die Bandbreite B des Meßsignals festlegt.

Um mit einer Fourier-Transformation alle im Meßsignal enthaltenen Frequenzen zu erfassen, muß die Abtastfrequenz fa der Meßeinrichtung mehr als doppelt so hoch wie die höchste im Meßsignal enthaltene Frequenz fg sein. Dies entspricht der Formulierung des Abtasttheorem 1.Art:

Bei Verwendung der als Eigenschaft des DSO geforderten Abtastrate von >= 1Gigasampel kann der Fehler durch die Zeitdiskretisierung bei Messungen an den heute verwendeten Leistungshalbleitern vernachlässigt werden. Messungen, bei denen eine angelegte Spannung größer als der mit dem Anzeigebereich eingestellte Nominalwert für die Eingangsverstärker ist, führen zur Übersteuerung dieser Verstärker. Die Auswirkungen sind mit einem DC-Offset am Meßergebnis vergleichbar. Erst nach Ablauf der Overdrive recovery time todr stellt sich die kalibrierte Verstärkung und damit der reelle Meßwert wieder ein. Beim dynamischen Messen der Sättigungsspannung unter realen Einsatzbedingungen muß, wie oben bereits erläutert, ein Kompromiß zwischen hoher Auflösung für kleine Spannung (einige wenige V) und der Übersteuerung durch vorangegangene angelegte Sperrspannung (einige 100V) gefunden werden. Moderne DSO's erlauben eine Übersteuerung bis zum 100-fachen des Skalenwertes bei geringer todr. Es ist möglich ein, Zeitfenster in den interessierenden Bereich zu legen und so die Auflösung an den gewünschten kleinen Spannungsbereich optimal anzupassen. Durch den Anschluß mehrerer Meßkabel und Masseanschlüsse an unterschiedlichen Punkten des Meßaufbaus werden Flächen senkrecht zum stromdurchflossenen Leiter aufgespannt (Abb. 3.25). Bei einer Laststromänderung induziert der veränderliche Magnetfluß eine Spannung, die zu Meßfehlern führt /Reichstein/. Die Folge der im Massekreis auftretenden Spannungen sind Mantelströme, die neben zusätzlichen Spannungsabfällen auch zu Verschiebungen des Massepotentials führen können. Um die Wirkung der Fehlerquellen zu reduzieren, sind die Flächen durch parallele Kabelführung und kürzeste Masseanschlüsse (Umwinden der Meßspitze) zu vermindern. Die Meßkabel sollten durch Ferritkerne geführt werden, diese bedämpfen die Mantelströme. Nach Möglichkeit sind alle Masseanschlüsse bei gleichzeitigem Oszillographieren von mehreren Größen auf einen Punkt zu legen. Jedes dazwischen liegende Stück Leiter besitzt eine parasitäre Induktivität. Fehlerquellen bei Strommessungen mit Hilfe eines Shunt sind dessen Bauelementetoleranz und Ablese- und Offsetfehler bei der Messung der relativ geringen Spannungen. Der Vorteil ist eine hohe Grenzfrequenz. Trotz koaxialem Aufbau ist die Annahme eines idealen Widerstandes nur bedingt zulässig. Eine Streuinduktivität von 50pH in einem Meßshunt von 5m  verursacht bei einer Stromänderung von 1000A/µs einen Spannungsabfall, der einem Strom von 10A entspricht. Ein solcher Meßfehler wird beispielsweise in einer nicht realen negativen Stromspitze zu Beginn der Tailstromphase in Abb 3.26 sichtbar und führt zu einem vermeintlich schnelleren Stromabfall. Als weitere Fehlerquelle kommt die Anschlußleitung zwischen dem Transistor und dem Meßshunt in Frage (Abb.3.25), die zu einer Spannungsinduktion und zu Verschiebeströmen führen kann. Eine vorhandene Totzeit und niedrige Grenzfrequenzen sorgen bei Strommessung über diese Art von Wandlern in Folge der Bedämpfung hoher Frequenzen zu einer Abflachung steiler Flanken und zu einer Phasenverschiebung (Abb. 3.26). Zum Digitalisierungsfehler und dem Offset des DSO kommt ein weiterer Offset des Eingangsverstärker der Stromzange hinzu. Ein Abgleich dieses Fehlers zu Beginn jeder Meßreihe und nach Änderung des Meßbereiches ist dringend notwendig. Ein weiterer zu berücksichtigender Fehler ist die Bedämpfung von Stromspitzen, wie beispielsweise die Rückstromspitze von Freilaufdioden. Bei der Verlustleistungsbestimmung durch Multiplikation der Augenblickswerte von i(t) und v(t) entsteht eine große Unsicherheit durch das gleichzeitige Auftreten der vorgenannten Fehlerquellen. Spannungs- und Strommeßfehler vergrößern den Gesamtfehler durch die Multiplikation der beiden Größen. Ungünstig in bezug auf die Auflösung ist die Notwendigkeit über den gesamten Spannungsbereich zu messen. Die Messung der Sättigungspannung ist dadurch nur sehr ungenau möglich. Zusätzlich zu den mit der digitalen Signalverarbeitung verbundenen Fehlerquellen führt der Fehler bei der Bestimmung der 0-Linie zu Integrationsfehlern. Bei Strommessungen über einen Shunt gehen dessen Toleranzen und das nicht ideal ohmsche Verhalten in den Meßfehler ein.

Die Strommessung mit einer Strommeßzange führt zu einer Phasenverschiebung zu der mit einem Tastkopf oszillographierten Spannung (Abb. 3.27). Die durch Multiplikation der Augenblickswerte berechnete Verlustenergie ist dann beim Einschalten zu gering und beim Ausschalten zu groß. Es ist falsch, davon auszugehen, daß sich der Fehler über eine Schaltperiode kompensiert. Mit den in Abb. 3.27 angenommenen idealisierten Schaltvorgängen für induktive Last ergibt sich folgender von der Totzeit abhängiger relativer Fehler:

Unterschiedliche Flankensteilheiten beim Ein- und Ausschalten wirken sich unterschiedlich stark auf den Fehler aus.
Die Aufteilung der Gesamtverluste in die Teilverluste der einzelnen Schaltphasen ist mit einer Schätzungen der begrenzenden Zeitpunkte verbunden und damit ebenfalls fehlerbehaftet.


Zusammenfassung zur Parametergewinnung durch Messung:

  Inhaltsverzeichnis

3.5 Handlungsanleitung zur Verhaltensmodellierung von Leistungshalbleitern

 Anfang
Bis zu einer gewissen Grenze ist es möglich, für die verhaltensbeschreibende Modellierung von Leistungshalbleitern einen Algorithmus aufzustellen.

Am Beginn steht, wie bei allen Modellierungen, das Studium des nachzubildenden Gegenstandes, um Wirkprinzip und typisches Verhalten herauszuarbeiten. Hilfreich sind dabei Lehrbücher, da dort bereits simplifiziertes Fachwissen bereitgestellt wird, welches zur Beschreibung der wesentlichen Bauelementeeigenschaften ausreicht. Bei neuen Bauelementen, die noch keine Berücksichtigung in Lehrbüchern gefunden haben, muß man sich über verschiedene Artikel in Fachzeitschriften oder Tagungsbänden ein Gesamtbild schaffen. Ein Meßaufbau zur Untersuchung des Bauelementes und zur Überprüfung theoretischer Aussagen ist dann unabdingbar.

Die Studien konzentrieren sich gemäß des gewählten Modellansatz auf das Verhalten des Bauelementes in seiner Umgebung. Dies gilt sowohl für stationäre als auch für dynamische Einsatzbedingungen. Für schaltende Leistungshalbleiter betrifft das statisch und dynamisch je vier elektrische Sachverhalte.
 

  • Strom/Spannungsverhältnisse am Eingang (steuernde Klemmen)
  • Strom/Spannungsverhältnisse am Ausgang (Laststrom führende Klemmen)
  • Der Einfluß der Eingangsgrößen auf den Ausgang
  • Rückwirkungen des Ausgangs auf den Eingang
  • Statisch entspricht dies im wesentlichen den aus der Vierpoltheorie bekannten Zusammenhängen. Hinzu kommen thermische Einflüsse, denen die genannten Beziehungen unterliegen und Sonderfunktionen, die sich beispielsweise durch Integration von Schutzeinrichtungen ergeben.

    Aus den gesammelten Erkenntnissen sind die Grundeigenschaften herauszuarbeiten, die sich wesentlich auf das Verhalten des Bauelementes unter üblichen Schaltungsbedingungen auswirken und durch welche sich das Bauelement von anderen unterscheidet. Zeitgleich mit der Ursachenforschung für jede Eigenschaft, die ein bestimmtes Verhalten hervorruft, ist eine modellierbare Interpretation zu suchen. Zur Umsetzung des Modellansatzes wurde nach Abwägung der Vor- und Nachteile (Kap. 3.1) für Einzelhalbleiter die Ersatzschaltung aus diskreten Bauelementen als Beschreibungssprache gewählt. Bei Smart-Power-Elementen mit einem großen Anteil an Signalverarbeitung sind Mischformen zu bevorzugen.

    Die Modellierung beginnt mit der untersten Hierarchieebene und wird durch Hinzufügen weiterer Modelleigenschaften zu höherwertigen Ebenen fortgesetzt. Als statischer Ansatz für ein Modell aus Ersatzschaltelementen dient eine Nachbildung der pn-Schichtfolge aus Diodenmodellen. Ladungssteuerungsvorgänge werden mit parallel zu den Dioden liegenden gesteuerten Stromquellen modelliert. Je nach Leitungsmechanismen handelt es sich bei bipolaren Bauelementen um stromgesteuerte und bei unipolaren Bauelementen um spannungsgesteuerte Quellen (siehe Tab. 3.4). Es ist möglich, anstatt der Konstruktionen aus Dioden und gesteuerten Quellen in den Halbleitermodellen mit ausdrucksgesteuerten Leitwerten oder Widerständen zu arbeiten. Durch Verwendung empirischer Gleichungen lassen sich die Einflüsse von Eingangs- und Ausgangsgrößen so einbeziehen, daß zwischen Simulation und Messung fast Deckungsgleichheit in den statischen Kennlinienfeldern erreicht wird. Ihre Verwendung hat aber im dynamischen Betrieb viel längere Rechenzeiten zur Folge, ohne dadurch verbesserte Verläufe von Strömen und Spannungen bei den Schaltvorgängen zu erhalten. Außerdem steigt der Parametrisierungsaufwand, so daß diese Form der Nachbildung der statischen Eigenschaften nicht zu empfehlen ist.

    Die durch einen Stromfluß in pn-Übergängen gespeicherten Ladungen werden mit Diffusionskapazitäten nachgebildet. Die Raumladung, welche durch die Verdrängung der beweglichen Ladungsträger im Sperrzustand des pn-Übergangs entsteht, wird mit dem Modell einer Sperrschichtkapazität berücksichtigt.

    Zum Modell kommen Besonderheiten im dynamischen Verhalten hinzu, die sich im Zusammenhang mit Ladungsträgerverhältnissen in der schwachdotierten Zone der Leistungshalbleiter ergeben. Dabei handelt es sich um Effekte wie der Tailstrom Itail bei IGBT und GTO oder das Recoveryverhalten von Dioden. Abschließend wird das Modell um praxisrelevante parasitäre Elemente erweitert.

    Eine gute modelltechnische Lösung ist jedoch wertlos, wenn keine Daten zur Parametrisierung vorliegen. Folglich muß vorher oder wenigstens zeitgleich geklärt werden, auf welche Daten man sich stützen kann, bzw. mit welchen geeigneten Meßverfahren (Kap. 3.4) diese zu ermitteln sind. Bei der Parameterauswahl darf nur auf Daten zurückgegriffen werden, die jedermann zugänglich sind. Diese Bedingung wird von Datenblattwerten und den Ergebnissen aus Messungen an den äußeren Anschlußklemmen erfüllt. Die Reihenfolge Modellierung -> Parametrisierung als nacheinander abzuarbeitende Schritte ist hier nicht so streng anzugeben. Es handelt sich um einen Prozeß mit Wechselwirkungen. Bei der Modellierung ist zu beachten, daß die von außen bestimmten Daten sich nicht oder nur ungenau auf einzelne Halbleiterstrukturen aufteilen lassen. Das gilt beispielsweise für die statischen Spannungsabfälle, die an pn-Übergängen und über Bahngebieten entstehen. Sie sind von außen nicht trennbar und nur als gemeinsame Größen zu modellieren. Gleiches gilt für die von außen bestimmten Kapazitäten. Aus den Halbleiterkapazitäten werden Interelektrodenkapazitäten, die alle kapazitiven Anteile zwischen zwei Anschlußklemmen beinhalten.

    Mit einer kritischen Analyse der aus Messungen und dem Datenblatt gewonnenen Parameter beginnt die Verifikation des Modells schon während der Erstellung. Die Hauptarbeit liegt aber bei dem Vergleich von Simulationsergebnissen mit der Realität. Es ist zeitsparend, wenn dieser Vergleich bereits nach Fertigstellung von Funktionsbaugruppen oder unterschiedlicher Hierarchieebenen durchgeführt wird. Nach Modellerweiterungen ist dieser Vorgang zu wiederholen. Wenn Beeinflussungen auszuschließen sind, kann auf eine nochmalige Überprüfung von Parametern niedrigerer Modellierungsstufen verzichtet werden. Es ist der praktische Nachweis der Gültigkeit der Simulationsergebnisse im gesamten Arbeitsbereich in einer Testschaltung zu erbringen. Daraus ist der Rückschluß abzuleiten, daß auch die Ergebnisse in anderen, vergleichbaren Schaltungen Gültigkeit besitzen.

    Den Abschluß der Arbeiten bildet das Erstellen einer Dokumentation zum Modell. Bei einem offengelegten Modell gehört dazu eine detaillierte Beschreibung aller Modellkomponenten, bei einem verschlüsselten Modell wenigstens eine kurze Funktionsbeschreibung. Unverzichtbar sind eine ausführliche Parametrisierungsvorschrift und Angaben über den Gültigkeitsbereich des Modells.

    Eine bessere Übersicht über die notwendigen Arbeitsschritte zum Erstellen verhaltensbeschreibender Modelle von diskreten Leistungshalbleitern mit physikalisch interpretierbaren Ersatzschaltungen soll die nachfolgende stichpunktartige Auflistung geben:

    Anhand des IGBT soll im Kapitel 4 die beschriebene Herangehensweise ausführlich erläutert werden. Als weitere Beispiele sind Modelle für den Power-MOSFET und den Bipolartransistor im Kapitel 5 angefügt.