Als zweiter Schritt zum statischen Modell ist das Übertragungsverhalten
nachzubilden. Die Umsetzung der Ladungsträgersteuerung in eine elektrische
Ersatzschaltung erfolgt durch gesteuerte Quellen.
Da beim MOSFET das Feld der Gatespannung über die Breite des n-Kanals
unterhalb des Gate-Anschlusses den Stromfluß beeinflußt, ist
eine spannungsgesteuerte Stromquelle zu verwenden. Diese überbrückt
den von VDS in Sperrichtung vorgespannten pn-Übergang,
so daß ein Stromfluß möglich wird (Abb. 5.2). In Abhängigkeit
von der Gatespannung kann ein maximaler Drainstrom fließen, dessen
Größe mit der Transferkennlinie (ID = f(VGS
)) angegeben wird. Das bis zu diesem Punkt erstellte Modell ist vollständig
zur Nachbildung aller statischen Eigenschaften einschließlich der
Verluste geeignet. Die Abhängigkeit der Sättigungskennlinie von
der Gate-Source-Spannung, insbesondere bei kleinen Spannungen, ist nicht
in diesem Modell berücksichtigt, allerdings gehören solche Betriebsbedingungen
nicht zu den Standardarbeitspunkten eines Leistungshalbleiters.
Die
dritte Phase des Modellierungsvorgangs hat das Ziel, das Modell um dynamische
Eigenschaften zu erweitern, so daß auch Schaltvor-gänge richtig
wiedergegeben werden. Dazu sind die im Power-MOSFET gespeicherten Ladungen
und Halbleiterkapazitäten in diskrete Kapazitäten einer Ersatzschaltung
umzusetzen. Eine Aufteilung in Teilkapazitäten, wie es für (P)Spice-Modelle
in /Antognetti/ oder /Laker/
für den MOSFET vorgenommen wurde, ist bei der gewählten Modellierungstechnik
nicht erwünscht und mit den als verfügbar vorausgesetzten Parametern
nicht möglich. Alle Kapazitäten zwischen zwei Anschlußklemmen
werden zu den äußerlich bestimmbaren Interelektrodenkapazitäten
zusammengefaßt (Abb. 5.3).
Die Drain-Source-Kapazität CDS ist vom Schaltzustand des Power-MOSFET abhängig. Im Transistorbetrieb werden hier im Leitzustand keine Ladungen gespeichert. Beim Übergang in den Sperrzustand wird die Wirkung der sich ausbreitenden RLZ mit dem Verhalten einer Sperrschichtkapazität beschrieben (Kap. 3.1.1.1).
Im Reversbetrieb (Diodenbetrieb) kommt es durch Diffusion zu einer Erhöhung der Ladungsträgerkonzentration am pn-Übergang. Die Größe der dort gespeicherten Ladung ist vom Stromfluß abhängig und wird mit dem Modell einer Diffusionskapazität beschrieben.
Den Hauptbestandteil der Gate-Source-Kapazität CGS bildet die Oxidkapazität, deren Größe sich aus den geometrischen Abmessungen ergibt, so daß diese Kapazität als konstant angenommen werden kann. Bei Vernachlässigung des Gate-Source-Leckstroms ist ein Verzicht auf Modellierung des statischen Eingangswiderstandes möglich.
Die Gate-Drain-Kapazität CGD besteht aus einer Reihenschaltung eines konstanten und eines stark nichtlinearen Anteils, der sich in Folge der Ausbreitung der Raumladungszone im Sperrzustand ergibt. Ihr Verhalten gleicht der auf einen Maximalwert begrenzten Sperrschichtkapazität. Der Wendepunkt der von der Spannung abhängigen Kapazität (CV-Funktion), ist um einige Volt vom Nulldurchgang verschoben.
Das Schaltverhalten wird wie beim IGBT wesentlich von den Eingangskapazitäten CGS und CGD bestimmt. Die dort gegebenen Beschreibungen zu den Umladevorgängen gelten wegen des vergleichbaren Aufbaus am Gate auch für den Power-MOSFET. Das Verändern der äußeren Gatespannung bedingt einen Gatestrom, der sich in Abhängigkeit von den Spannungs- und Kapazitätsverhältnissen zwischen den Eingangskapazitäten aufteilt. Das Zeitverhalten der Ladevorgänge bestimmt die Schaltzeiten und die Spannungsänderungen an den Anschlußklemmen. Zur Steuerung der Stromquelle im Modell wird die über CGS abfallende Spannung herangezogen, so daß der Ladevorgang von CGS auch die Stromänderung während des Schaltvorgangs bestimmt.
Zu den beschriebenen dynamischen Einflußgrößen des Halbleiters kommen noch parasitäre Elemente des Gehäuses und der Anschlußleitungen, die bei Leistungsbauelementen nicht vernachlässigbar sind. Kapazitive Elemente, z.B. des Gehäuses, werden bereits mit den Interelektrodenkapazitäten erfaßt. Zu ergänzen sind aber die Streuinduktivitäten der Bonddrähte und Anschlußleiter, wie es im Gesamtmodell in Abb. 5.4 dargestellt ist.
Mit
dem so beschriebenen Modell werden alle Eigenschaften in betriebsmäßig
zulässigen Zuständen des Power-MOSFET berücksichtigt. Je
nach Anforderungen sind zum Modell weitere Eigenschaften, wie Durchbruchsspannungen
oder Temperaturabhängigkeiten hinzuzufügen.
Zum Modellaufbau sind noch einige Anpassungen notwendig, die sich aus
dem Modellansatz ergeben. Von der spannungsgesteuerten Stromquelle IU wird
ein Strom zur Verfügung gestellt, der sich aus der angelegten Gatespannung
und dem dazugehörigen Punkt der Transferkennlinie ergibt. Die Übergabe
der Kennlinie an das Modell ist am leichtesten durch Eingabe von Wertepaaren
aus der Transferkennlinie (Transfer Characteristic) des Datenblatts möglich.
Durch die Stromquelle wird eine Strombegrenzung im Bereich der Sättigung
erreicht. Der im linearen Bereich des Power-MOSFET für den konkreten
Arbeitspunkt zuviel eingespeiste Strom wird von der Diode DSD
kurzgeschlossen. Daraus folgt die Notwendigkeit eines idealen Durchlaßverhaltens,
damit dieser Strom über der Diode nicht in unzulässiger Weise
einen Spannungsabfall verursacht, der VDS entgegengerichtet
ist. Für die Wirkung an den Anschlußklemmen ist es ohne Belang,
wenn die gesamte Ausgangskennlinie sowohl für den vorwärtsleitenden
als auch für den rückwärtsleitenden Zustand dem nichtlinearen
Widerstand Ron zugeordnet wird. Am einfachsten geschieht dies durch Eingabe
von Wertepaaren ID = f(VDS ), die aus dem linearen
Teil der Ausgangskennlinie (Output Characteristic) und der Rückwärtskennlinie
(Source-Drain-Diode-Forward-Voltage) entnommen werden. Ist eine solche
Möglichkeit im Simulator nicht gegeben, können anstatt Ron
auch Diodenmodelle antiparallel geschaltet werden, deren Kennlinie durch
entsprechende Parametrisierung jeweils einen Quadranten dieser Gesamtfunktion
nachbilden.
Zur Modellierung der Drain-Source-Kapazität ist eine Trennung
zwischen dem rückwärtsleitendem Zustand und dem sperrenden Zustand
sinvoll. Dadurch ist es möglich, die unterschiedlichen Kapazitätsmodelle
einer Sperrschichtkapazität CDSspr und einer Diffusionskapazität
CDSdiff zu verwenden. Die Gleichungen zur Beschreibung der Kapazitätsmodelle
sind in Kap. 3.1.1.1 gegeben.
Der getrennte Aufbau bereitet bei der Parametrisierung keine Probleme,
da die Sperrschichtkapazität aus der in den CV-Kurven (Capacitance
vs Drain-To-Source-Voltage) gegebenen Kleinsignalkapazität Coes
und CDSdiff aus Angaben zur Rückstromspitze (IRM,
trr, Qrr) gewonnen werden.
Ebenfalls mit dem Modell einer Sperrschichtkapazität ist CGS auszuführen. Die Verschiebung des Wendepunktes der CV-Funktion wir durch die Gleichstromquelle ECGS erreicht. Die Werte für Minimal- und Maximalwert von CGS können aus der Gateladungskurve (Gate-Charge Characteristic) berechnet werden, wie es in Kap. 4.5.3 für Gate-Kollektor-Kapazität des IGBT angegeben wurde. Aus der gleichen Kurve ist die Größe der Gate-Drain-Kapazität berechenbar.
Die Werte der Induktivitäten sind dem Datenblatt zu entnehmen. Die Größe des dynamisch wirksamen Gate-Eingangswiderstandes RGin ist nicht im Datenblatt enthalten. Sie liegt bei Power-MOSFET im Bereich von 1...3 , genauere Werte sind nur aus Messungen zu bestimmen.
Begonnen wird auch bei diesem Bauelement mit der Analyse der Halbleiterstruktur und der Nachbildung der pn-Schichtfolge mit Diodenmodellen und Widerständen. Für den npn-Transistor sind dies zwei Dioden, jeweils für den Basis-Emitter-Übergang (DBE) und den Basis-Kollektor-Übergang (DBC) und einen Widerstand für das Basisgebiet (RB) in der in Abb. 5.5 dargestellten Anordnung. Auf diese Weise entwickelt sich ein Aufbau, der in einigen Punkten mit der Modellstruktur nach Ebers und Moll /Ebers/ vergleichbar ist. Abweichungen ergeben sich aus den Besonderheiten des Aufbaus (n--Schicht) und des Einsatzes als Leistungsbauelement (Schalter). In der Leistungselektronik werden maximale Schaltleistungen benötigt, weswegen der Bipolartransistor im wesentlichen nur in der Emitterschaltung eingesetzt wird. Durch die Vorgabe der Anschlußart und durch den Einsatz als Schalter vereinfacht sich der Modellaufbau. Änderungen zu Ebers-Moll ergeben sich auch aus der Verwendung von Kennlinien des Datenblattes zur Parametrisierung.
Eine Trennung zwischen Durchlaß- und Sperrverhalten sowie zwischen Ansteuer- und Lastkreis, wie es bei den spannungsgesteuerten Bauelementen IGBT und Power-MOSFET vorgenommen wurde, ist beim Bipolartransistor nicht mehr möglich. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß DBC ausschließlich für den Betrieb in Sperrichtung und DBE für den Betrieb in Durchlaßrichtung modelliert werden kann.
Die Größe von RB und die Diodenkennlinie VBE* = f( IE ) für DBE müssen durch Scherung der Daten-blattkennlinien VBE = f(IC) und VBE = f(IB) mit IE = IC + IB bei gegebener Stromverstärkung extrapoliert werden. Die Spannung über der Diode ergibt sich danach zu: VBE* = VBE - IB *RB. Die Beziehung der Kennlinie von DBC und der Wert von RC werden aus IV-Beziehungen des Ausgangskennlinienfeldes bestimmt, wie es nachfolgend bei der Ladungsträgersteuerung diskutiert wird.
Als zweiter Schritt folgt wiederum die Umsetzung der Ladungsträgersteuerung
mit Hilfe gesteuerter Quellen. Bei positiver Basis-Emitter Spannung VBE
werden durch den Basisstrom eine große Anzahl von Elektronen vom
Emitter in das Basisgebiet emittiert. Diese diffundieren zum überwiegenden
Teil durch das Basisgebiet zum kollektorseitigen pn-Übergang. Der
Stromfluß durch den in Sperrichtung gepolten pn-Übergang wird
in Emitterschaltung also über einen Verstärkungsfaktor vom Basisstrom
bestimmt. Ausgangspunkt soll wie bei den anderen Leistungshalbleitermodellen
der Bereich der Sättigung sein.
Im Modell wird dieses Verhalten mit Hilfe einer stromgesteuerten Stromquelle
II1 mit der Funktion IC =f ( IB ) nachgebildet,
die den pn-Übergang zwischen Basis und Kollektor und den erhöhten
Widerstand des Basisgebietes überbrückt. Die bei Leistungsbipolartransistoren
nichtlineare Stromverstärkung bereitet bei dieser Modellierungsart
keine Probleme, da sie in Form einer Kennlinie an die Stromquelle übergeben
wird. Der Kollektorstrom IC wird durch die Bedingungen im Lastkreis
(VCC/RLast) vorgegeben. Ein entsprechend der Stromverstärkung
zuviel eingespeister Strom (Übersättigung) fließt über
die Diode DBC1, so daß über diese Diode eine Spannung
in Durchlaßrichtung abfällt. Dies entspricht dem realen Verhalten
des BJT.
Zur
Erklärung der Modellerweiterungen um RC, II2
und DBC2 wird es an dieser Stelle notwendig, zwischen verschiedenen
Leitzuständen zu differenzieren, die im Ausgangskennlinienfeld in
Abb. 5.7 mit unterschiedlich ansteigende Geradenabschnitten genähert
wurden. Durch einen ausreichend hohen Basisstrom wird das schwachdotierte
n--Gebiet mit Ladungsträgern überschwemmt. Es kommt
durch die Anhebung der Gesamtladungsträgerkonzentration zur Leitwertmodulation
in diesem Gebiet, wie sie schon beim IGBT beschrieben wurde. Der Widerstand
RC dieses Gebietes wird sehr klein und deshalb von DBC1
und II1 überbrückt. Der BJT befindet sich in der Sättigung
( Gerade S ). Die Stromverstärkung der Quelle II1 entspricht
gerade den Stromwerten der Knickpunkte auf der Sättigungskennlinie.
Die Kennlinie von DBC1 muß so abgestimmt werden, daß
mit der bereits aufgestellten Beziehung VBE* = f(IB
+ IC) und IC = 0 gilt: VBE - VBC
= VCE = 0. Es ergibt sich eine nahezu ideale exponentielle Diodenkennlinie.
Für das dynamische Verhalten ist eine hohe Übersteuerung nachteilig,
da die überschüssige Ladung beim Schaltvorgang erst ausgeräumt
werden muß, wodurch sich die Schaltzeiten verlängern. Anders
als der IGBT wird deshalb der Bipolartransistor zur Verbesserung des dynamischen
Verhalten an der Grenze zur Quasisättigung (Bereich QS ) betrieben,
so daß dieser Bereich des Ausgangskennlinienfeldes bei der Modellierung
zu berücksichtigen ist. In der Quasisättigung steigt der Widerstandswert
der schwachdotierten Zone, so daß bei weiter steigendem Kollektorstrom
die Spannung VCE schnell ansteigt. Der Wert von RC
wird aus dem Anstieg der Geradennäherung in diesem Bereich berechnet.
(siehe auch Kap. 3.3) Die Funktion IC
= f(IB) für die stromgesteuerte Stromquelle II2
ergibt sich aus der Differenz zwischen den beiden Knickpunkten der Kennlinienschar
im Ausgangskennlinienfeld (Abb. 5.7). Ist VCC/RLast
größer als die Summe der Quellenströme II1 +II2,
wird der Kollektorstrom begrenzt, das Modell geht in den aktiven Bereich
( A ) über.
Nachdem
das statische Verhalten mit Hilfe nichtlinearer Widerstände und gesteuerter
Quellen in eine Ersatzschaltung umgesetzt wurde, sind zur Nachbildung des
Schaltverhaltens die Halbleiterkapazitäten bzw. die gespeicherten
Ladungen zu modellieren (Abb. 5.8).
Gemäß dem Ersatzschaltbild für den pn-Übergang (Kap. 3.1.1.1) setzen sich die nichtlinearen Kapazitäten aus einem Anteil, der sich in Folge der Ausbreitung der RLZ ergibt (Sperrschichtkapazität) und einem Anteil der bei Stromfluß im pn-Übergang gespeicherten Ladungen (Diffusionskapazität) zusammen. Damit die Umladevorgänge das Schaltverhalten beeinflussen können, muß die Erfassung des Steuerstroms IB* für die Kollektorstromquellen von der Basis aus nach dem Anschlußpunkt der Kapazitäten erfolgen.
Das Umladen der Sperrschichtkapazität der vor dem Einschalten negativ vorgespannten Basis-Emitter-Diode verursacht die Einschaltverzögerungszeit tdon. Mit beginnendem Leitvorgang muß die Diffusionskapazität über DBE aufgeladen werden, wegen IB* =IB - ICdiff steigt der Kollektorstrom bei konstantem Basistrom exponentiell an. Mit der Höhe von ± IB wird das Zeitverhalten des Lade/Entladevorganges und damit auch die Anstiegszeit tr und die Fallzeit tf beeinflußt. Die Diffusionskapazität in CBC nimmt die Speicherladung auf, die sich bei Übersteuerung und damit in Flußrichtung vorgespannter Diode DBC ergibt. Mit einem negativen Basisstrom muß diese Kapazität beim Ausschalten bei gleichzeitig sinkendem Quellenstrom solange über die Basis entladen werden, bis der Quellenstrom gleich dem Kollektorstrom ist. Sie verursacht dadurch die Speicherzeit ts.
Die
wesentlichen Eigenschaften der Ersatzschaltelemente zum Aufbau des Bipolartransistormodells
wurden bereits erläutert. Die Parameter bzw. Kennlinien ergeben sich
direkt aus dem Klemmenverhalten. Die Zuordnung über Wertepaare erleichtert
auch hier die Parametrisierung erheblich.
Zur Modellierung der Kapazitäten werden wieder getrennte Modelle
für Sperrschicht- und Diffusionskapazität eingesetzt (Abb 5.9).
Der Abgleich der spannungs- und stromabhängigen Kapazitätsverläufe
sollte anhand der Schaltzeiten vorgenommen werden. Die in Datenblättern
angegebenen CV-Kurven sind Kleinsignalparameter und nur als Anhaltspunkte
für die Sperrschichtkapazitäten verwendbar. Mit den zusätzlich
eingefügten Reihenwiderständen zu Cspr ist das Schwingverhalten
des Modells zu bedämpfen, und es sind Zeitkonstanten der Schaltvorgänge
beeinflußbar. Abschließend wurden noch Streuinduktivitäten
in den Lastpfad eingefügt, die bei BJT aber eine untergeordnete Rolle
spielen und zur Reduzierung des Simulationszeitbedarfes auch weggelassen
werden können.