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6 Erweiterung von Leistungshalbleitermodellen zu Smart-Power-Elementen

Bisher wurde das Verfahren der Verhaltensmodellierung nur auf diskrete Halbleiter angewendet. Es wird aber um so effektiver, je komplexer der Modellgegenstand und sein Funktionsumfang ist. Modelle von Smart-Power-Elementen (SPE) für die Schaltungsanalyse sind erst durch die Abstraktionsmöglichkeiten dieses Verfahren realisierbar.

SPE sind gemäß ihrer Hauptfunktion Leistungshalbleiter. Bei der Modellierung ist deshalb der Schwerpunkt auf das Modell des Leistungsteils zu legen. Für bestimmte Simulationsaufgaben ist es aber notwendig, die ergänzenden Systemkomponenten in das Modell mit einzubeziehen. Durch Simulation mit Smart-Power-Komponenten ist es möglich Untersuchungen zu Schutzkonzepten vorzunehmen, Fehleranalysen durchzuführen, Fehlerreaktionen zu studieren oder eine Produktentscheidung durch Vorauswahl benötigter Systemkomponenten zu treffen. Modellierungsvorschriften oder -hinweise für SPE fehlen bisher völlig in der Literatur.

In diesem Kapitel werden keine kompletten Modelle erstellt, sondern es werden Lösungsvorschläge und Komponenten zum eigenständigen Aufbau von SPE-Modellen gegeben. Da auf die Modellierung diskreter Leistungshalbleiter bereits umfangreich eingegangen wurde, sind die folgenden Abschnitte vorwiegen der Modellierung der Schutz- und Ansteuerfunktionen gewidmet.

6.1 Beschreibung von SPE

Unter dem Begriff Smart-Power wird die Kombination von Leistungselektronik mit "Intelligenz" verstanden. SPE vereinen in Modulbauweise Leistungshalbleiter und die für diese notwendigen Ansteuer- und Schutzschaltungen (Abb. 6.1). Eine für den gleichen Gegenstand verwendete Bezeichnung ist Intelligent Power Modul (IPM).

Die Bezeichnung SPE steht für ein weitgefächertes Produktangebot von Einzelhalbleitern mit Überspannungsschutz bis zu kompletten Sechspulsbrücken mit interner Potentialtrennung und umfassender Schutzkonzeption. Es kann folglich nur eine Beschreibung von möglichen Teilkomponenten gegeben werden, die in verschiedenster Weise kombiniert, zum Aufbau eines SPE verwendet werden.

Die benötigten Schutzfunktionen ergeben sich aus der Forderung, daß der sichere Arbeitsbereich des Leistungshalbleiters in keinem Zeitmoment verlassen werden darf (Abb. 6.2). Diese gleichlautende Anforderung führt bei unterschiedlichen SPE zu immer gleichen Funktionsbaugruppen, was auch eine Analyse der SPE verschiedener Hersteller bestätigt. Die am häufigsten realisierten Funktionen und Baugruppen sind:

Ziele, die mit dem Einsatz von SPE verfolgt werden, sind ein Anstieg der Funktionalität, eine Qualitätssteigerung durch Selbstschutz der Bauelemente vor kritischen Betriebszuständen und eine Reduktion der Teilkomponenten im Endprodukt. Daraus ergibt sich eine Verkleinerung des Volumens der leistungselektronischen Geräte bei gleichzeitiger Erhöhung ihrer Zuverlässigkeit. Durch das Nutzen des know how's der Halbleiterhersteller kann beim Anwender von SPE der Entwicklungs- und Fertigungsaufwand erheblich verringert werden. Dieser Trend zur Integration des Leistungsteils mit seiner zugehörigen Treiber- und Schutzeinrichtung in Verbindung mit der Einführung hochintegrierter Schaltkreise zur Signal- und Informationsverarbeitung bilden eine wesentliche Grundlage der Konkurrenzfähigkeit neuer Produkte.

Einer der Hauptanwender, vor allem im kleineren Leistungsbereich (bis 100V, 25A), ist heute immer noch die Automobilindustrie. Mit der Annäherung an die Preise für diskrete Bauelemente wird aber auch im mittleren Leistungsbereich der Anteil von SPE an den eingesetzten Leistungsmodulen zunehmen.

Zum Aufbau von SPE werden unterschiedliche Halbleitertechnologien eingesetzt. Grundsätzlich kann zwischen monolithischem und Hybrid-Aufbau unterschieden werden. Bei der monolithischen Variante werden in einem Halbleiterchip Mischtechnologien verwendet, um die verschieden Anforderungen an die Halbleiter zu realisieren. Dies können zum Beispiel CMOS-für Interface und Logik, Bipolar- für Logik und Treiberschaltungen sowie DMOS-Technologie für die Powertransistoren sein /Zitta/. Die Signalverarbeitung wird im Substrat innerhalb isolierter Wannen aufgebaut. Die Isolation wird durch eine Schicht von äußerst schwach dotiertem Halbleitermaterial erreicht. Diese Bauelemente besitzen eine sehr hohe Integrationsdichte und sind deshalb nur für kleinere Leistungen verwendbar. Bei den Hybridmodulen erfolgt ein räumlich getrennter Aufbau des Leistungsteils und der Signalverarbeitung mit dem Ziel, den thermischen Streß und den Einfluß elektromagnetischer Störungen zu vermindern. Dadurch sind höhere Schaltleistungen zu erreichen. Für die Leistungshalbleiter im Hybridaufbau werden die gleichen Chips wie für diskrete Bauelemente eingesetzt. Die Signalverarbeitung wird mit Standardbauelementen oder ASIC's realisiert. Für kleinere Leistungen existieren auch programmierbare Module mit internem Microcontroller.

Im Hinblick auf die Modellierung ist es vorteilhaft, die SPE-internen Baugruppen nach zwei Wirkungsgebieten zu unterteilen. Ein Teil wird unmittelbar an den Anschlußklemmen des SPE wirksam. Zu diesen gehören die Leistungsbauelemente, aber auch die Eingänge der Steueranschlüsse. Beim zweiten Teil wird der Einfluß auf die Ströme und Spannungen an den Anschlußklemmen nur durch deren Funktion, nicht aber durch ihre unmittelbaren elektrischen Eigenschaften wirksam. Diese Bedingung erfüllen die meisten Schutzfunktionen und die Steuerlogik.

6.1.1 Anschlußnahe elektrische Baugruppen

Mit dieser Bezeichnung werden diejenigen Baugruppen zusammengefaßten, deren elektrische Eigenschaften sich direkt auf die Ströme und Spannungen an den Anschlußklemmen des SPE auswirken. Sie stehen in direkter elektrischer Verbindung zu den Anschlußklemmen. Deren Nachbildungen müssen deshalb auch statische und dynamische Eigenschaften berücksichtigen. Als Leistungshalbleiter zum Schalten des Laststroms werden wegen der einfacheren, leistungsarmen Ansteuerung nur spannungsgesteuerte Bauelemente eingesetzt. Gegenwärtig sind dies der MOSFET für kleine Leistungen und der IGBT für mittlere und größere Leistungen. Weiterhin enthalten die Module pro Leistungshalbleiter eine antiparallele Freilaufdiode. Die Beschreibung der Leistungstransistoren erfolgte in Kap. 4 und 5. Eine Erläuterung erfolgt an dieser Stelle nicht. Zum Schutz der Leistungshalbleiter vor Zerstörung durch zu hohe Sperrspannungen (Feldstärken) werden Avalanch- oder Z-Dioden eingesetzt. Der Schutz kann sowohl für die Ansteuerspannung als auch für die Lastspannung erfolgen (Abb. 6.3). Eine zu hohe Lastspannung VCE führt zu einem Stromfluß über DZ1, wobei durch den Spannungsabfall über RG das Gatepotential angehoben wird. Im Falle einer während des Ausschaltvorgangs durch die Streuinduktivitäten induzierten zu hohen Spannungspitze führt diese Potentialerhöhung zu einer Verlangsamung des Ausschaltvorgangs und damit zu einer Begrenzung der Spannung selbst. Zum Schutz wird die Durchbruchspannung der Dioden auf 90% der maximal zulässigen Spannung gelegt /Ochi/. Auf der Steuerseite gehören dazu die Signaleingäng und -ausgänge mit ihren Impedanzen und eventuell Einrichtungen zur Potentialtrennung. Die Eingänge sind sehr hochohmig, so daß eine Näherung mit einem Eingangswiderstand ausreichend ist. Beim Fehlerausgang handelt es sich in den meisten Fällen um einen Open-Collector-Ausgang mit interner, hochohmiger Verbindung zur Versorgungsspannung VB. Der Transistor prägt mit seinen Nichtlinearitäten das Verhalten am Ausgang. Wegen der Funktionstüchtigkeit auch bei reduzierter Betriebsspannung ist dieser Ausgang Low-aktiv. Im Fehlerfall wird der Ausgang auf Massepotential gelegt.

Ebenfalls dazugehörig ist die Aufbereitung der Betriebspannung für die Steuerung. Sie kann auch über eine interne Potentialtrennung verfügen. Der Eingangstrom der Steuerung setzt sich aus einem konstanten Anteil und einem von der Schaltfrequenz des Leistungshalbleiters abhängigen Anteil zusammen. Zur Potentialtrennung im SPE werden vorzugsweise Übertrager eingesetzt, da diese eine hohe Grenzfrequenz und bei den vorhandenen großen Spannungstransienten eine geringe Schwingneigung aufweisen. Die relativ großen Koppelkapazitäten von Optokopplern führen zu hohen Verzögerungszeiten zwischen Ansteuersignal und dem Anlegen der Ansteuerspannung am Leistungshalbleiter und erhöhen die Schwingneigung der Anordnung /Bösterling/.

Als Schnittstelle zwischen Signalverarbeitung und Leistungshalbleitern sind auch bei spannungsgesteuerten Halbleitern Treiberschaltungen notwendig, die den zur Umladung der Eingangskapazität notwendigen Strom aufbringen müssen. Sie sind an das eingesetzte Bauelement angepaßt und besitzen teilweise Sonderfunktionen. Dazu gehört ein niederohmiger Abschluß des Gates eines nichtangesteuerten IGBT, um ein unbeabsichtigtes Einschalten durch Verschiebeströme zu vermeiden oder das weiche Abschalten bei Überlast bzw. Kurzschluß durch Zwischenstufen in der Gatespannung, damit die vom di/dt verursachte Spannungsspitze an den Ausgangsklemmen reduziert wird. 

6.1.2 Innere signalverarbeitende Logik

Unter signalverarbeitender Logik sind hier die Baugruppen zusammengefaßt, bei denen nach außen hin nur die Funktion und das Zeitverhalten wirksam werden, nicht jedoch die elektrischen Eigenschaften. Die elektrischen Eigenschaften, wie Widerstände, Kapazitäten oder Transistorparameter sind im allgemeinen nicht bekannt und werden zur verhaltensbeschreibenden Modellierung nicht benötigt.

Zu den Aufgaben der Logik im SPE gehören das Setzen von Ein- und Ausschaltbedingungen für den Leistungshalbleiter und die Diagnose seines Betriebszustands. Die dazu notwendigen Schutzfunktionen beinhalten die Erfassung der Prozeßgrößen und deren anschließenden Vergleich mit vorgegebenen Grenzwerten. Sie liefern die Signale für die Steuerlogik und nehmen damit Einfluß auf die Ansteuerung des Ventils. Als Konsequenz eines Fehlers soll ein kontrolliertes Abschalten erfolgen. Die Logik eines SPE läßt sich in Funktionsbaugruppen zerlegen, die jede für sich eine abgeschlossene Aufgabe erfüllen, von denen einige nachfolgend beschrieben werden. Mit der Aufgliederung in Baugruppen ist die Voraussetzung für eine Modellierung in Teillösungen gegeben.

Deren Ziel ist es, eine Überlastung der Leistungshalbleiter durch zu hohen Strom (Over Current OC) zu verhindern. Bei IGBT liegen gebräuchliche Überstromgrenzen bei doppeltem Nennstrom. Nach Überschreiten der zulässigen Grenzwerte wird der Leistungshalbleiter abgeschaltet und in der Regel für einen Schonzeitraum gesperrt. Dies gilt sowohl für den Kurzschlußschutz wie auch für den Überstromschutz. Während im Kurzschlußfall das Abschalten meist sofort erfolgt, werden Überströme zeit- und amplitudenbegrenzt zugelassen, so daß Rückstromspitzen der Freilaufdioden o. ä. nicht zu einer Fehlerreaktion führen.

Um die Beanspruchung beim Ausschalten durch das di/dt und die über den Streuinduktivitäten induzierte Spannungsspitze zu verringern, wird bei einigen Herstellern durch kurzzeitiges Halbieren der Ansteuerspannung der Abschaltvorgang verlangsamt.
Die Erfassung des Stroms als Prozeßgröße kann

erfaßt werden (Abb. 6.4). Weitere Möglichkeiten sind in /Zitta/ aufgeführt.

Bei der Stromspiegelmethode werden zur Stromerfassung einige Zellen der parallelen Transistorstrukturen separat kontaktiert. Der darüber abfließende Strom ( 1‰ vom Gesamtstrom) liefert als Spannungsabfall über einem Shunt ein Maß für den Gesamtstrom. Dies ist in Bezug auf die entstehenden Verluste und die Reaktionszeit die optimale Erfassungsmethode. Zur indirekten Überwachung wird die Abhängigkeit der Sättigungsspannung vom Laststrom genutzt. Diese Art der Erfassung hat den Nachteil, daß sie nur im sicher eingeschalteten Zustand des Halbleiters aktiviert werden darf und deshalb erst mit einer Zeitverzögerung nach dem Einschalten wirksam wird. Das Überschreiten des Maximalwertes des Laststroms wird mit Hilfe von Komparatoren unter Verwendung von VOC erfaßt.

Unabhängig von der Art der Erfassung sind die zu modellierenden Kennwerte der Ansprechwert IOCmax, der Rücksetzwert IOCreset, die Ansprechverzögerungszeit tdonOC und die Rücksetzverzögerungszeit tdoffOC bzw. die korrespondierenden Größen für den Kurzschluß.

Sie dient dem Schutz des Bauelementes im Lastbereich zwischen Überstrom und zulässigem Dauerstrom. Die Erfassung erfolgt in vielen Fällen über temperaturabhängige Parameter von Bipolartransistorstrukturen, die in der Nähe der Leistungshalbleiter angebracht werden. Bei einem monolithischen Aufbau ist nur die relativ kleine thermische Impedanz des Substrates wirksam, wogegen bei den Hybridaufbauten mit einem extern angebrachten Sensor der thermische Widerstand von Isolationsmaterialien zu größeren Zeitkonstanten führt. Bei Hybridaufbauten ist auch der Einsatz von speziellen Temperatursensoren (V=f( )) möglich.

Für Temperaturen über 150°C ist der Leckstrom ICBs von Bipolartransistoren (Abb. 6.5) geeignet /Zitta/, ebenso kann der Vergleich von VBE oder VCE mit einer temperaturkompensierten Referenzspannung zur Ermittlung der Temperatur herangezogen werden.

Auch hier führt ein Überschreiten eines Grenzwertes zum fehlerbedingten Abschalten des Leistungshalbleiters. Der Ansteuereingang wird erst nach dem Abkühlen auf eine Rücksetztemperatur freigegeben. Zu modellierende Größen sind die Ansprechtemperatur max die Rücksetztemperatur reset die Ansprechverzögerungszeit tdon   und die Rücksetzverzögerungszeit tdoff  .

Er verhindert die Entsättigung des Halbleiters im Normalbetrieb infolge einer zu niedrigen Ansteuerspannung. Bei Unterschreiten eines Minimalpegels VBmin erfolgt das Abschalten. Damit dies nicht schon bei kurzen Spannungseinbrüchen geschieht, spricht die Spannungsüberwachung meist um einige µs verzögert an. Nach Überschreiten des Rücksetzpegels VBreset wird der Ansteuereingang wieder freigegeben. Zwischen Minimal- und Rücksetzpegel wird sinnvollerweise eine Hysterese gelegt, um ein "flattern" der Überwachungsfunktion im Grenzbereich zu verhindern.
Zur Erfassung über Komparatoren ist eine von der Betriebsspannung unabhängige Referenzspannung notwendig. Neben Minimal- und Rücksetzpegel sind bei der Modellierung die Ansprechverzögerungszeit tdonUV und die Rücksetzverzögerungszeit tdoffUV zu beachten.
  Zu dieser Funktionsbaugruppe wird alles zusammengefaßt, was mit der internen logischen Verknüpfung von Signalen beschrieben werden kann. Wichtigster Bestandteil ist die Aufbereitung des Ansteuersignals für die Treiberschaltungen. Bei Halbbrückenmodulen kann dies mit einer gegenseitigen Verriegelung der Brückenhälften verbunden sein, um einen Brückenkurzschluß bei gleichzeitigem Ansteuern oder durch Schaltverzögerungen während des Umschaltens zu vermeiden. Ebenfalls Bestandteil der Steuerlogik ist die Verknüpfung mit den Fehlermeldungen der Überwachungsfunktionen und das Auslösen einer Fehlerrückmeldung. Mit der Fehlerrückmeldung wird ein Signal gesetzt, welches der dem SPE vorgeschalteten Steuerung anzeigt, daß ein nichtzulässiger Betriebszustand des Gesamtsystems vorliegt. Mit dem Abschalten des SPE ist im Normalfall die Fehlerursache nicht beseitigt. Ein sofortiges wiedereinschalten würde in der Regel zu einer erneuten Fehlermeldung führen. Es obliegt der Intelligenz der vorgeschalteten Steuerung, das System herunterzufahren und erst dann wieder Ansteuersignale zu liefern, wenn die Fehlerursache beseitigt ist. Zu der Fehlerrückmeldung werden vom Ansteuermanagment alle Signale der Überwachungseinheiten zusammengefaßt.

Durch diese Funktionsbaugruppe entstehen Verzögerungen zwischen Ansteuersignal und Gatespannung sowohl beim Einschalten tdonSPE als auch beim Ausschalten tdoffSPE. Diese sind neben der logischen Funktion im Modell zu berücksichtigen.




6.2 Modellrealisierung

SPE sind keine einheitlichen Produkte, sondern eine Vielzahl von Bauelementen, die zwar auf Grund gleicher Ziele und Aufgabe ähnliche Funktionen erfüllen, sich aber in Detaillösungen alle unterscheiden. Mit den Arbeiten zum Thema Smart-Power-Modellierung ist deutlich geworden, daß das Erstellen von kompletten SPE-Modellen nicht effektiv ist. Der Aufbau von Bibliotheken mit vorgefertigten Komplettlösungen ist aus mehreren Gründen nicht praktikabel. Daraus ergeben sich eine Reihe von neuen Anforderungen. Es sind Verfahren und Wege zu entwickeln, die von der Modellierung bisher beschriebener Leistungsbauelemente abweichen.

6.2.1 Anforderungen und Verfahren zur Smart-Power-Modellierung

Wenn aus den oben genannten Gründen der Aufbau kompletter SPE-Modelle unpraktikabel ist, sind Verfahren und Teillösungen notwendig, mit denen ohne größeren Aufwand ein SPE-Modell bei Bedarf zusammengestellt werden kann. Die Modelle entsprechen auf diese Weise dem neuesten technischen Stand, und werden damit nicht zu Bestandteilen überalterter Bibliotheken. Die Teillösungen sind so zu erstellten, daß ihr allgemeingültiger Charakter eine Wiederverwendung zuläßt, um den Modellierungsaufwand zu reduzieren. Aus der Anpassung an den aktuellen Bedarf folgt, daß sie für eine Aktualisierung offen und ihre Funktionen auch für andere Nutzer nachvollziehbar sein müssen. Beim Erstellen der Teillösungen sind allgemeine Anforderungen, wie die nach einfacher Parametrisierung oder nach Konvergenzsicherheit beim Einsatz des Modells in einer Schaltung, zu berücksichtigen.

Für die Analyse leistungselektronischer Schaltungen bleibt das SPE in erster Linie ein Leistungsschalter und muß folglich im Leistungskreis die gleichen Anforderungen wie andere Leistungshalbleitermodelle erfüllen. Dies sind richtige Wiedergabe der stationären Zustände (Durchlaß-, Sperr- und Übertragungsverhalten) und eine hohe Übereinstimmung mit dem Schaltverhalten (Schaltzeiten, di/dt, dv/dt). Zur Parametrisierung der SPE-internen Baugruppen steht oft nur die Funktionsbeschreibung des Bauelementes zur Verfügung. Deren Modelle müssen mit den wenigen darin enthaltenen Angaben parametrisierbar sein und trotzdem die Funktion und das Zeitverhalten richtig wiedergegeben.

Beim Einsatz eines SPE-Modells ist es wichtig, vom real vorhandenen Funktionsumfang Abstufungen vornehmen zu können. Denn mit steigender Modellkomplexität wächst der Rechenzeitbedarf enorm an. Das Modell sollte deshalb nur den zur Lösung der Simulationsaufgabe notwendigen Umfang besitzen. Die SPE-internen Schaltungen erreichen einen Umfang, der eine Umsetzung auf halbleiterphysikalischer Basis gar nicht und auf Transistorebene nur schwer möglich macht. Für SPE-Modelle zur Schaltungsanalyse ist die Methode der Verhaltensmodellierung unabdingbar. Neben dem Modellumfang existieren noch eine Reihe von weiteren Gründen, welche für die verhaltensbeschreibende Modellierung bei Smart-Power-Elementen sprechen:

Für den inneren Aufbau ist ein hoher Abstraktionsgrad weit über der Transistorebene wünschenswert, da dies den Rechenzeitbedarf vermindert und eine allgemeingültig formulierte Problemlösung zuläßt.

Es wurde bereits bei der Beschreibung darauf hingewiesen, daß es im Hinblick auf die Modellierung sinnvoll ist, eine Trennung zwischen der internen Signalverarbeitung und den elektrisch wirksamen Komponenten an den Anschlußklemmen vorzunehmen (Abb. 6.6). Für beide Teile bestehen unterschiedliche Anforderungen, so daß verschiedene Beschreibungssprachen zur Anwendung kommen können. Inwiefern die optimale Variante genutzt werden kann, ist letztlich vom verwendeten Simulator abhängig. In moderneren Analog-Simulatoren stehen oft zusätzliche, für diesen Zweck geeignete Modellierungsarten (Analog Behavior Modelling, Zustandsgrafen) zur Verfügung. Prinzipiell sind 2 Wege der verhaltensorientierten Modellierung denkbar

Beides kann sowohl für den Leistungs- als auch für den signalverarbeitenden Teil eingesetzt werden. Es hat sich eine Mischform als günstigste Lösung herauskristallisiert. Die elektrischen Eigenschaften anschlußnaher Schaltungsteile, einschließlich der Leistungshalbleiter, sind am besten mit Ersatzschaltungen nachzubilden. Die Funktion der internen SPE-Logik ist ausreichend durch die Wiedergabe von Zuständen modellierbar. Ihre Realisierung mit Petrinetzen (/Simplorer/) ist durch die Formulierung von Systemzuständen erheblich effektiver und übersichtlicher als der Aufbau einer Logik aus gesteuerten Quellen in reinen Analogsimulatoren (Spice). Der Rechenzeitbedarf bei vergleichbaren Simulationsaufgaben ist wesentlich geringer. Eine ebenfalls denkbare Lösung für Mixed-Mode-Simulatoren mit entsprechenden Schnittstellen (/PSpice/, /Saber/) ist der Aufbau der Signalverarbeitung als digitale Ersatzschaltung. Die naturgemäß vorhandenen analogen Signale bereiten bei der Zustandsmodellierung oder bei einem digitalen Aufbau keine Schwierigkeiten, weil sie im SPE mittels Komparatoren in binäre Variable umgewandelt werden und damit ein ausschließlich diskontinuierlich wirkendes System zu modellieren ist. Innerhalb der Logik ist eine Normierung der Signale möglich, da Ströme und Spannungen außerhalb des Modells nicht unmittelbar beeinflußt werden. 

6.2.2 Modellbibliothek aus Leistungshalbleitern und Schutzfunktionen

Eine Reihe der vorher genannten Anforderungen lassen sich mit einem Baukastensystem erfüllen. Bausteine dieses Baukastens sind die klar abgrenzbaren Funktionsbaugruppen, die sich aus einer funktionellen Aufgliederung des SPE ergeben. Das so strukturierte SPE wird in Form selbständiger, allgemeingültigen Teilschaltungen (subcircuits, macros, templates, ...) umgesetzt.Ein wichtiger Bestandteil der Bibliothek sind die Modelle der Leistungshalbleiter, deren Klemmenverhalten mit elektrischen Ersatzschaltungen nachgebildet werden. Die Erweiterung zum SPE erfolgt im Bedarfsfall mit einzelnen an die Simulationsaufgabe gebundenen Schutz- oder Ansteuerfunktionen (Abb. 6.7). Wie bei der Beschreibung der Schutz- und Ansteuerfunktionen festgestellt wurde, besitzen alle SPE eine überschaubare Anzahl vergleichbarer Schutzfunktionen.

Wenige Funktionsbausteine in Form von Teilschaltungen sind ausreichend, um den Funktionsumfang abzudecken. Mehrfachverwendungen bei Modulen mit mehreren Leistungshalbleitern (z.B. Drehstrombrücke) sind innerhalb eines Modells ohne Probleme möglich.

Da die Simulation mit kompletten SPE-Modellen zeitaufwendig ist, bietet der Aufbau nach einem Baukastenprinzip die Möglichkeit, durch Weglassen nicht benötigter Funktionsbaugruppen Rechenzeit einzusparen. Da nur die Funktion ohne Rücksicht auf Unterschiede in der praktischen Realisierung nachgebildet wird, sind einmal erstellte Teilschaltungen auch für andere SPE-Modelle verwendbar. Für den Aufbau eines Modells aus den Bausteinen dieser Bibliothek ist es gleichgültig, ob es sich bei dem realen Objekt um ein geschlossenes SPE-Modul, die getrennte Realisierung mit Ansteuerschaltkreis und Leistungshalbleiter oder um ein programmierbares Bauelement handelt.

6.2.3 Modellierung der anschlußnahen elektrischen Baugruppen

Mit den Anschlüssen wird das SPE-Modell in eine Simulationsschaltung eingebunden. Man erwartet an dieser Stelle eine realitätsnahe Nachbildung des elektrischen Verhaltens in der Transientenanalyse, was am einfachsten und effektivsten mit Hilfe elektrischer Ersatzschaltungen erfolgen kann. Da hier elektrische Eigenschaften modelliert werden, die vom konkreten Aufbau eines jeden SPE abhängen, sind diese Baugruppen individuell auf die Gegebenheiten des betreffenden SPE zugeschnitten. Als Leistungshalbleitermodelle sind, wie in Kap. 4 und 5 für den IGBT bzw. den Power-MOSFET erläutert wurde, vorteilhaft elektrische Ersatzschaltungen einsetzbar. Die Modelle und das der Freilaufdiode bilden einen Funktionsbaustein für das SPE. Sie liegen als Teilschaltung vor und können mehrfach (z.B. je 2x für eine Halbbrücke) im Modul aufgerufen werden. Ihr Einsatz ist bei einer ausschließlichen Betrachtung des Lastkreises auch als Einzelhalbleiter möglich. Die Modelle geben sowohl die statischen Eigenschaften als auch das Schaltverhalten wieder, so daß mittels Simulation die totale Verlustleistung berechnet, die Einhaltung der SOA-Diagramme geprüft und die Schaltungsauslegung optimiert werden können. Diese Schutzfunktion wird mit Z-Dioden (besser Avalanchdioden) realisiert, welche direkt in den Verlauf von Strom und Spannung am Leistungshalbleiter eingreift. Ihre Modellierung erfolgt mit in der elektrischen Ersatzschaltung unmittelbar am Leistungshalbleitermodell. Bei Verwendung von Wertepaaren zur Beschreibung des statische Diodenverhaltens kann die gesamte Strom-Spannungs-Kennlinie einer einzige Diode zugeordnet werden, unabhängig davon, ob es sich um ein einzelnes Bauelement oder bei hohen Spannungen um eine Reihenschaltung handelt. Besteht diese Möglichkeit nicht, ist in Abb. 6.8 ein Z-Dioden-Modell dargestellt, bei dem der 1. und 3. Quadrant der Diodenkennlinie mit zwei antiparallelen Dioden getrennt modelliert wird. Die Durchbruchspannung läßt sich über die Gleichspannungsquelle VZ einstellen. In diesen Baugruppen wird die Aufbereitung und die Übergabe/Übernahme der Signale zwischen elektrischer Simulationschaltung und SPE-interner Signalverarbeitung realisiert. Zur Übertragung von Strömen oder Spannungen sind gesteuerte Quellen einsetzbar, womit auch Potentialtrennungen zu realisieren sind. Zu beachten ist, daß in einigen Simulatoren Probleme entstehen, wenn Schaltungsteile keine elektrische Verbindung zum Bezugspotential besitzen.
Signaleingänge werden über die Eingangswiderstände Rin modelliert. Die darüber abfallende Spannung Vin wird als Spannungswert an die Funktionsbaugruppen der Signalverarbeitung übergeben. Zur Modellierung des Fehlerausgang ist ein statischer Schalter in Verbindung mit Abschlußwiderständen ausreichend. Schaltzeiten des Transistors werden gemeinsam mit anderen Verzögerungszeiten in den Baugruppen der Signalverarbeitung berücksichtigt.

Der stationäre Stromverbrauch am Stromversorgungsanschluß für Signalverarbeitung (VB) wird über einen ohmschen Eingangswiderstand modelliert. Ein weiterer Anteil, der durch den schaltfrequenzabhängigen Ansteuerstrom entsteht, kann zu einer Verringerung der Ansteuerspannung VB* führen (Abb. 6.9). Der äquivalente Innenwiderstand wird durch einen Serienwiderstand nachgebildet. Die interne Potentialtrennung ist, wenn vorhanden, mit gesteuerten Quellen realisierbar.

Die Ansteuerung der IGBT im Modell erfolgt mit gesteuerten Spannungsquellen. Mit Hilfe der Spannungsquellen wird das Ansteuersignal aus der internen Signalverarbeitung entnormiert. Die Gateansteuerspannung liegt im Normalfall bei 15V bzw. beim Wert der Betriebsspannung VB*. Sonderfunktionen, wie ein weiches Abschalten bei Überstrom mit kurzzeitig halbierter Gatespannung oder das Kurzschließen der Ansteueranschlüsse nach dem Abschaltvorgang können mit statischen Schaltermodellen umgesetzt werden.

6.2.4  Modellierung der inneren signalverarbeitende Logik

Die Modellierung der Signalverarbeitung im SPE sollte auch dann in Funktionsbaugruppen erfolgen, wenn das vorgeschlagene Baukastenprinzip nicht angewendet wird. Einzelne Baugruppen sind leichter auf ihre Funktionstüchtigkeit zu überprüfen als eine Gesamtschaltung, bei der eine Fehlersuche sehr zeitaufwendig werden kann. Die Modellierung ist im Vergleich zu den Leistungshalbleitern auf einer wesentlich höheren Abstraktionsstufe möglich, da nur die Funktion und nicht die elektrischen Vorgänge nachgebildet werden müssen. Damit vereinfacht sich der Modellaufbau für diese Baugruppen. Als Technik zur Umsetzung bietet sich die Zustandsmodellierung an. Als Sprache wurden Petrinetze aus dem Simulator /Simplorer/ eingesetzt, gleichwertig können aber auch IF-Then oder When-Schleifen anderer Sprachen zur Anwendung kommen. Als Alternative stehen elektrische Ersatzschaltungen zur Nachbildung der Signalverarbeitung zur Verfügung. Es ist prinzipiell möglich, den Aufbau der Signalverarbeitung mit elektrischen Ersatzschaltungen zu modellieren. Allerdings ist die geforderte Allgemeingültigkeit nicht in jedem Fall durchsetzbar. Das Einbinden der Teilschaltungen in ein SPE-Modell bei einer Verwendung als optionale Funktionsbaugruppen erfolgt so, daß bei ihrem Entfernen keine freien oder schwebenden Knoten entstehen. Innerhalb dieser Baugruppen bilden einfachste Logikgatter (AND, NAND, OR, NOR) die kleinsten Bausteine. Eine Abstraktion und damit Vereinfachung des Aufbaus wird durch die Realisierung der Logik mit Hilfe gesteuerter Quellen möglich (Abb. 6.10). Die Signale sind auf 0- und 1-Pegel normiert. Mit Hilfe der Gatter erfolgt die Umsetzung der logischen Zustände und Verknüpfungen der Ansteuer- und Überwachungsfunktionen ähnlich wie bei einem Digitalsimulator. Der Aufbau einer Transistorlogik mit massenhaftem Einsatz von dynamischen Transistormodellen (PSpice) ist nicht praktikabel. Sie führt in Verbindung mit der Analyse leistungselektronischer Schaltung zu unnötig großen Simulationszeiten und zu Konvergenzproblemen. Diese Vorgehensweise stellt nur eine Notlösung für reine Analogsimulatoren dar (Spice) und ist wegen des entstehenden Schaltungsumfang nicht für den Aufbau von SPE-Modellen für die Schaltungsanalyse zu empfehlen. /Wintrich3/ Faßt man die Signalverarbeitung im SPE als Steuereinrichtung für den energetischen Schaltungsteil auf, ist es naheliegend Modellierungssprachen aus der Steuerungstechnik einzusetzen. Um die betreffenden Vorgänge so zu modellieren, daß die Signale in ihrem Zeitverhalten und ihrer Funktion exakt abgebildet werden, bedient man sich zweckmäßig modifizierter Petrinetze, eine Form von Zustandsgrafen.

Das Loslösen von konkreten elektrischen Aufbauten ermöglicht es, die Überwachungsfunktionen für die Modellierung mit Petrinetzen auf ein einheitliches Schema zurückzuführen. Eingangsgrößen der Überwachungsfunktionen sind die zu überwachende Prozeßgröße, ein zulässiger Grenzwert, ein Rücksetzwert, eine Ansprech- und Abschaltverzögerung und Ausgangsgröße ist eine logische Fehlervariable, die zur weiteren Auswertung verwendet wird. Dabei ist es unerheblich, ob die Prozeßgröße eine Spannung, ein Strom oder eine Temperatur ist. Letztlich stellen alle für die Simulation nur einen Zahlenwert dar, der mit einem Grenzwert auf seine Zulässigkeit zu überprüfen ist.

Allgemein könnte ein dafür geeignetes Petrinetz das in Abb. 6.11 dargestellte Aussehen besitzen. Das SPE wird hinsichtlich der Überwachung einer Prozeßgröße in 3 Zustände unterteilt. Auf den ersten Blick offensichtlich sind der Normal- und der Fehlerzustand und hinzu kommt ein technisch bedingter Wartezustand.

Der Normalzustand liegt vor, solange sich das Bauelement mit seinen Istwerten innerhalb eines zulässigen Bereiches befindet. Bei Überschreiten der Bereichsgrenzen wird vorerst in einen Wartezustand übergegangen. Als Übergangsbedingungen "Istwert zulässig / nicht zulässig" stehen mathematische Ausdrücke mit Vergleichsoperationen.

Mit der Initialisierung des Wartezustandes wird der Startpunkt für die Verzögerungszeit td1 gesetzt. Sie kann sowohl Signallaufzeit wie auch eine gewollte Verzögerung darstellen. Kehrt das System vor Ablauf von td1 in den zulässigen Arbeitsbereich zurück, wird ohne Fehlererkennung in den Normalzustand übergegangen.

Der dritte mögliche Zustand ist der Fehlerfall. Das Setzen der Variablen "Error" wird benötigt, um die von der Überwachungsfunktion verursachten Reaktionen auszulösen. Im Normalfall bewirkt sie in einer nachfolgenden Einheit eine Verriegelung der Ansteuerung des Leistungshalbleiters. Den Ausgangszustand "Normalbetrieb" erreicht man schließlich nach Fehlerbeseitigung und einer weiteren einstellbaren Verzögerungszeit. Diese Teilschaltung kann nun mehrfach innerhalb einer Simulationsschaltung für verschiedene Schutzfunktionen eingesetzt werden.

Eine weitere Netzstruktur ist zur Verknüpfung der Fehlermeldungen und der Aufbereitung des Ansteuersignals notwendig. Die Baugruppe liegt zwischen den elektrischen Schnittstellen des SPE-Modells (Abb. 6.12). Am Ansteuereingang wird über dem Eingangswiderstand das Steuersignal Vin abgegriffen und als Systemvariable an die Teilschaltung übergeben.

Im Petrinetz erfolgt der Vergleich mit den Schwellwerten für die Ein- und Ausschaltpegel Von bzw. Voff. Mit Überschreiten dieser Grenzen geht das System in einen neuen Zustand über. Gleichzeitig wird abgefragt, ob eine der Schutzeinrichtungen eine Fehlermeldung anzeigt. Die Fehlermeldung führt zum Abschalten bzw. verhindert das Einschalten. Im Zustand "Ein" wird die Ansteuerspannung VGG auf einen zur Betriebsspannung proportionalen Wert gesetzt. Im Normalfall ist der Proportionalitätsfaktor k = 1. Die Signallaufzeiten tdon und tdoff werden getrennt für den Ein- und Ausschaltvorgang mit der Initialisierung eines Wartezustand gesetzt. Diese Baugruppe muß im Normalfall individuell an Besonderheiten des Bauelement angepaßtes werden.

6.2.5 Temperaturabhängige Modellierung von SPE

Durch die Kombination von Baugruppen zur Signalverarbeitung mit leistungselektronischen Bauelementen ergeben sich innerhalb eines Bauelementes Punkte mit stark differierendem Verlustenergieaufkommen. Daraus folgen thermische Transienten innerhalb eines Bauelementes, die durch eine immer höhere Packungsdichte zu einer zunehmenden thermischen Beeinflussung der Funktionsfähigkeit und Lebensdauer der Signalverarbeitung durch die Leistungselektronik führen. Die Modelle, die solche Abhängigkeiten nachbilden, sind für Entwickler von SPE gedacht und arbeiten auf der Basis von Finite-Elemente-Methoden /Borucki/. Dies kann nicht Ziel der Schaltungsanalyse sein, da dort von einer ordnungsgemäßen Funktionsfähigkeit ausgegangen werden muß.

Zu modellieren ist die Überwachung der Chiptemperatur mit dem Übertemperaturschutz. Dazu ist die Chiptemperatur der Leistungshalbleiter über dessen transienten Wärmewiderstand Zth(SPE) aus der Verlustleistung zu berechnen. Allerdings bleiben die Einschränkungen zu der temperaturabhängigen Modellierung von Leistungshalbleitern (Kap. 4.4), die sich aus den unterschiedlichen thermischen und elektrischen Zeitkonstanten ergeben, auch bei SPE bestehen. Die über die Ersatzschaltung bestimmte Temperatur dient als Schaltkriterium für die gemäß Abb. 6.11 modellierte thermische Überwachung. Es handelt sich dabei allerdings um einen quasistationären Wert. Die reale Temperatur in unmittelbarer Umgebung zum Leistungshalbleiter ist bei kurzen starken Impulsen oft wesentlich höher als mit Zth(SPE) ermittelt /Borucki/. Sie ist mit den gegebenen Werten der thermischen Impedanz und einer thermischen Ersatzschaltung nicht hinreichend genau bestimmbar.




6.3 Parametrisierung

Besonderheiten bei der Parametrisierung von SPE ergeben sich aus der Tatsache, daß wegen der nicht zugänglichen inneren Anschlüsse die Messungen von einigen Halbleiterparametern nicht möglich sind. Die Gewinnung der Modellparameter erfolgt daher zum größten Teil aus Datenblattangaben. Das gilt sowohl für die Leistungshalbleiter wie auch für die Signalverarbeitung.

6.3.1 Parameter der anschlußnahen elektrischen Baugruppen

Da die in Kap. 4 und 5 beschrieben Modelle für die Leistungshalbleiter im SPE Verwendung fanden, gelten auch die dort gegebenen Parametrisierungsvorschriften. Die Parameter werden komplett dem Datenblatt entnommen. Messungen über den eingeschränkten Arbeitsbereich hinaus sind bei Einsatz von Schutzfunktionen nicht notwendig. Sollten nicht alle Parameter des Leistungshalbleiters im Datenblatt des SPE dokumentiert sein, kann man unter Umständen bei den Daten diskreter Leistungshalbleiter des selben Herstellers fündig werden. Dabei wird vorausgesetzt, daß in beiden Bauelementen die gleichen Halbleiter-Chips eingesetzt werden. Andere Stromklassen werden durch Parallelschaltung der Chips erreicht, so daß Kapazitäten aus der Addition der Einzelwerte und Kennlinien mit Hilfe einer Scherung entsprechend den Beziehungen einer Parallelschaltung gewonnen werden müssen.

Zur Nachbildung der Eingangsimpedanz der Signalanschlüsse und des stationären Stromverbrauchs der Steuerspannung sind für die Schaltungsanalyse in der Leistungselektronik die gegebenen linearen Widerstände ausreichend. Die Durchbruchskennlinien des Überspannungsschutzes werden als statische Kennlinien den verwendeten Diodenmodellen zugeordnet (Z-Spannung in der Diodenkennlinie).

6.3.2 Signalverarbeitung

Der Parametrisierungsaufwand für den signalverarbeitenden Teil eines SPE beschränkt sich auf das Ermitteln von Schwellpegeln der Signale und auf die Bestimmung des Zeitregimes. Die Werte (Grenzwerte und Verzögerungszeiten) können Datenblättern und den dort aufgeführten Signalablaufplänen entnommen werden. Im einzelnen sind es bei den Schutzfunktionen gegen Unterspannung, Übertemperatur, Überstrom oder Kurzschluß jeweils der Ansprechwert, der Rücksetzwert, die Ansprechverzögerungszeit bei Fehlererkennung und die Rücksetzverzögerungszeit (Sperrzeit) nach einem Fehler. Ähnliches gilt für die Verarbeitung des Ansteuersignals. Hier sind es der Einschaltpegel, der Ausschaltpegel und die Signallaufzeiten für den Ein- und Ausschaltvorgang. Bei den Signallaufzeiten sind die vom Modell des Leistungshalbleiters verursachten Delayzeiten mit zu berücksichtigen. Die Verriegelung zwischen den Transistoren eines Brückenzweiges hat die Verriegelungszeit als einzigen Parameter. Da keine direkte elektrische Verbindung zwischen der äußeren Schaltung und der modellinternen Logik besteht, brauchen interne elektrische Größen nicht berücksichtigt werden.

Messungen am SPE sind nicht unbedingt notwendig, da keine genaueren oder zusätzlichen Informationen über ein durschnittlich dokumentiertes Datenblatt hinaus zu ermitteln sind. Meßbar sind nur das Zeitverhalten und die Schwellwerte der einzelnen Komponenten.




6.4 Verifikation

Der Hauptschwerpunkt der Verifikation liegt auf den Modellen der Leistungshalbleiter. Als statischer Parameter sind die Sättigungskennlinie bis zum Grenzwert des Überstromschutzes und die Transferkennlinie für den vom Unterspannungschutz begrenzten Bereich zu verifizieren. Bei den Schaltvorgängen sind es vor allem die Fall- bzw. Anstiegszeiten, die vom Leistungshalbleiter beeinflußt werden und durch Vergleich von Simulationsergebnissen mit Meßwerten oder Datenblattangaben auf ihre Richtigkeit zu überprüfen sind. Delayzeiten, die durch unbekannte Parameter für die Halbleitermodelle nicht richtig wiedergegeben werden, können ohne Probleme mit Hilfe der modellinternen Logik ausgeglichen werden.

Da im allgemeinen gleichbleibende Ansteuerbedingungen im SPE vorliegen, vereinfacht sich die Verifikation des Schaltverhaltens erheblich. Die Verifikation eines Leistungshalbleiter-Modells, wie es für den IGBT in Kap. 4.6 durchgeführt wurde, genügt den eingeschränkten Anforderungen an das Halbleitermodell im SPE in jedem Fall.

Durch eine Kontrollsimulation mit einer Aneinanderreihung aller Betriebs- und Störfälle ist die logische Gesamtfunktion nach dem Zusammensetzen des SPE zu kontrollieren. Gleichzeitig wird damit die Einhaltung von Schutzgrenzen und Schaltzeiten der eingesetzten Schutzfunktionen durch Vergleich mit Datenblattwerten überprüft. Die Kontrolle der Funktionsbaugruppen im einzelnen umfaßt die Überprüfung der realisierten Funktion.

Das Zusammenspiel Leistungshalbleiter - Schutzfunktion kann auch durch künstlich erzeugte Fehlerfälle meßtechnisch bestimmt und mit Simulationsergebnissen verglichen werden (Abb. 6.13). Die Kontrolle umfaßt den Vergleich von Schwellwerten und Verzögerungszeiten im Meßergebnis mit der Simulation. Da beide, bei Verwendung von Petrinetzen, als Zahlenwerte im Modell vorgegeben sind, ist bei ordnungsgemäßer Funktion im Rahmen der Simulationsgenauigkeit eine exakte Übereinstimmung garantiert. Sollten sich dennoch aus dem Zusammenwirken mit den dynamischen Modellen der elektrischen Ersatzschaltung Abweichungen ergeben, so sind diese nach der Kontrollsimulation in beliebigem Umfang korrigierbar.