Eine Verifikation dieser Applikationsschaltungen durch Messungen ist nicht Ziel der Darlegungen. Die Verifikation der Halbleitermodelle erfolgte im Kap. 4.6, so daß man davon ausgehen kann, daß die von diesen Bauelementen beeinflußten Größen richtig simuliert wurden.
Im nachfolgenden Abschnitt soll am Beispiel eines 3-phasigen Wechselrichters mit Pulsweitenmodulation (PWM) und hoher Pulsfrequenz ein Verfahren aufgezeigt werden, mit dem unter anderem folgende Fragen durch Simulation zu lösen sind:
1. Wie groß ist die Verlustleistung im Wechselrichter bei gegebenen elektrischen Parametern?Der an den Wechselrichter angeschlossene Antrieb hat ein Haltemoment aufzubringen, wodurch durch den Gleichstrom ein Transistor besonders belastet wird.
2. Wie lange darf der gepulste Gleichstrom fließen, ohne den Transistor zu überhitzen?
3. Bei welcher Kühlkörpertemperatur ist ein bestimmter gepulster Gleichstrom zulässig? oder
4. Welcher Strom darf maximal bei bekannter Kühlkörpertemperatur fließen?
Nennstrom Iu, v, w : 16,5A Zwischenkreisspannung VCC: 560V
Ausgangsfrequenz : 50Hz Gatevorwiderstand RG : 10![]()
Pulsfrequenz fPuls : 16kHz Ansteuerspannung VGG : +15V/-10V
Verriegelungszeit tdv : 2µs IGBT-Modul: CM50DY-24H (Mitsubishi).
Die Steuerung wird ähnlich wie bei den SPE-Modellen durch Zerlegung
in Systemzustände für die Modellierung aufbereitet. Die Umsetzung
der PWM erfolgt mit 3 Petrinetzen gleicher Struktur (Abb. 7.2). Die Schnittstellen
zu der in einer Ersatzschaltung nachgebildeten Leistungselektronik sind
gesteuerte Quellen, deren Spannungswerte in den Petrinetzen festgelegt
werden.
Zur Berechnung der Einschaltdauer tein nach der in Abb.
7.2 abgebildeten Gleichung wird für jede Phase eine um 120° versetzte
Sinusfunktion vorgegeben (Abb. 7.3). Die Berechnung erfolgt jeweils bei
Initialisierung des Zustandes Z1. Durch Vorgabe der Spannung
VGG für die Gatespannungsquelle wird im Zustand Z2
die positive Brückenhälfte angesteuert. Nach Ablauf von tein
geht das System in den Zustand Z3 über. Die Einschaltdauer
für die zweite Brückenhälften ergibt sich aus der Differenz
TPuls - tein -2*tdv . Die Verriegelungszeit
tdv , die zur Vermeidung eines Brückenkurzschlusses notwendig
ist, wird durch einen Verzögerungsoperator zwischen die Umschaltevorgänge
der Brückenhälften eingefügt.
Zum
Simulationsstart müssen die Lastinduktivitäten mit Stromanfangswerten
versehen werden, wie sie dem Systemzustand bei Simulationsstart (t=0) bei
stationärem Betrieb entsprechen würden. Diese ergeben sich entsprechend
der Höhe der Wechselrichter- Ausgangsspannung, deren Phasenwinkel,
dem Lastwiderstand und der Vorgabe des Amplitudenfaktors der PWM. Zur Bestimmung
der Anfangswerte können in die Simulationsschaltung statische Modelle
von Transistoren eingesetzt werden. Mit diesen ist durch die einfachere
Schaltung die Simulation mehrerer Perioden des Laststromes bis zum Erreichen
eines stationären Zustandes in kurzer Zeit möglich.
Zur Berechnung der Verluste ist nicht die Simulation über eine
ganze Periode des Laststromes notwendig (Abb. 7.4). Die Simulation wurde
bei t1 = 5ms = /2
abgebrochen. Der Zeitabschnitt ist hinreichend groß gegenüber
der Pulsfrequenz von 16kHz und reicht völlig aus, um bei der Integration
der Leistungen Schwankungen in Folge der Pulsung vernachlässigen zu
können. Mit den ermittelten Endwerten für Win (t1)
= 12,075Ws und WLast (t1) = 11Ws ergibt sich mit:
eine Eingangsleistung Pin = 2415W und eine Ausgangsleistung
PLast = 2200W. Der Wirkungsgrad des Wechselrichters ist
= 0,91. Die durch Simulation ermittelte Verlustleistung Pv von
215W liegt trotz Verwendung von Datenblattwerten zur Parametrisierung der
Halbleiter damit sehr nahe an dem durch Messung gewonnenen Wert von Pv
= 222W. Die mit dieser Methode erfaßten Verluste bzw. der Wirkungsgrad
sind immer nur für einen Arbeitspunkt des Wechselrichters zu bestimmen
(PLast , f,
, Ansteuerung). Für einen anderen Arbeitspunkt ist eine neue Simulation
zu starten, die PWM ist neu einzustellen und es sind neue Anfangswerte
für die Ströme in den Lastinduktivitäten zu bestimmen. Dies
kann bisweilen sehr aufwendig werden.
Werden zur Dokumentation Kennlinien über den gesamten Arbeitsbereich
des Wechselrichters benötigt, ist es sinnvoll, die Simulation mit
einer analytischen Berechnung zu kombinieren. In /El-Dwaik/
wird eine Methode der Verlustbestimmung mit Hilfe einer analytischen Beschreibung
der im Wechselrichter auftretenden Durchlaß- und Schaltverluste angeführt:
mit
Î als Scheitelwert des Laststromes und won , woff
als die auf 1A-Laststrom normierte Schaltverlustenergien (Won,off
/IC). Die normierten Schaltverluste umfassen den gesamten
Schaltvorgang, also einschließlich Rückstromspitze beim Einschalten
und Tailphase beim Ausschalten. Um dies sicherzustellen, sind beide Werte
aus simulierten Einzelimpulsen bestimmbar, wie es in Abb. 7.7 dargestellt
ist. Mit Hilfe dieser Gleichung ist es in guter Näherung möglich,
über den gesamten Bereich die Verluste bzw. den Wirkungsgrad (Abb.
7.5) in Abhängigkeit von der Ausgangsleistung (=f(Î)) der Pulsfrequenz
(fPuls ) oder der Ansteuerbedingungen (won ,woff
) zu bestimmen. Durch die simulierten Stützstellen können vorhandene
Unsicherheiten in der Berechnung nach Gleichung (7.7), die sich beispielsweise
aus der linearen Durchlaßkennliniennäherung ergeben, vermindert
werden.
Daraus
resultiert für einen der Transistoren im Wechselrichter (TrN3
in Abb. 7.6) eine ständige Belastung ohne die im Wechselrichterbetrieb
vorhandenen Phasen zur Abkühlung. In der Freilaufphase wird der Laststrom
von der Diode DP3 übernommen. Da es auf die Untersuchung
der meistbelasteten Bauelemente ankommt, kann zur Simulation die Wechselrichterschaltung
auf einen Tiefsetzsteller reduziert werden (Abb. 7.6). Die beiden Transistoren
TrP1 und TrP2 bleiben ständig eingeschaltet
(keine Schaltverluste) und werden nur mit dem halben Strom belastet, so
daß die dort auftretenden Verluste kein Problem darstellen.
Wie bereits bei den Ausführungen zur temperaturabhängigen Modellierung des IGBT (Kap. 4.4) angemerkt wurde, ist die gemeinsame Simulation von elektrischen und thermischen Problematiken in einem Simulationslauf wegen der extrem unterschiedlichen Zeitkonstanten °C/s <-> V/ns nicht sinnvoll. Mit der kleinsten Zeitkonstante wird die Schrittweite der Simulation festgelegt (z.B. 10ns). Die Simulation einer Sekunde Echtzeit bedeutet selbst bei dynamischer Schrittweitenanpassung die Berechnung einiger 100000 Stützstellen und bedingt einen hohen, nicht vertretbaren Zeitaufwand, unabhängig vom Simulationssystem oder der verwendeten Rechentechnik. Um auf eine Simulation der Temperaturverhältnisse am Chip nicht verzichten zu müssen, besteht die Lösung in einer getrennten Simulation der elektrischen und thermischen Probleme.
In
der ersten Phase erfolgt die Simulation der elektrischen Größen.
Die Schaltung des Tiefsetzsteller wird mit dynamischen Halbleitermodellen
und einer ohmisch-induktiven Lastnachbildung in eine Simulationsschaltung
umgesetzt. Induktivitäten und Kapazitäten werden mit
Anfangswerten versehen, die dem Schaltungszustand der Freilaufphase
mit vollem Laststrom entspricht. Bei gegebenem Wert für die Zwischenkreisspannung
und einem vorgegebenen Laststrom berechnet der Simulator
die Klemmengrößen der Bauelemente (Abb. 7.7). Aus dem Integral
des Produktes der Augenblickswerte von iC(t) und vCE(t)
wird die Verlustenergie pro Einzelimpuls am IGBT berechnet.
Mit der bekannten Periodendauer ist die durchschnittliche Gesamtverlustleistung
für das Bauelement aus der Simulation unter den gegebenen
Rahmenbedingungen bestimmbar.
Zur
Aufnahme der Temperaturabhängigkeit der Verluste werden die Halbleitermodelle
für zwei unterschiedliche Temperaturen parametrisiert (z.B. nach Datenblattangaben
für 25°C und 125°C) und auf die beschriebene Weise die Verlustleistungen
bestimmt. Mit Hilfe der beiden Stützstellen kann eine Funktion Pv
=f(
) abgeleitet
werden:
Aus dem in Abb. 7.7 dargestellten Schaltvorgang ergeben sich mit den
Verlustleistungen Pv25° = 132W und Pv125°
= 182W die Werte für die temperaturabhängige Berechnung der Verluste
K = 0,5W/°C und
Pv0° = 119,5W. Die angenommene lineare Abhängikeit
ist bei den vorhandenen Unsicherheiten durch Streuung der Bauelemente hinreichend
genau. Für andere Lastverhältnisse (IDC,VCC,
f, Tastverhältnis) ergeben sich neue Werte, da Durchlaß- und
Schaltverluste unterschiedliche Tendenzen in ihrem Temperaturverhalten
aufweisen.
Für die Freilaufdiode wird auf gleiche Weise verfahren. Diese besitzt im Gegensatz zum IGBT auf Grund ihres Durchlaßverhaltens eine fallende Kennlinie. Im Bereich der gewählten Tastverhältnisse (TV = 0,5...0,65) hoben sich der temperaturabhängige Beitrag der Schaltverluste (Rückstromspitze) und der Durchlaßverluste der Diode nahezu auf, so daß mit einer konstanten Diodenverlustleistung über den gesamten Temperaturbereich gearbeitet werden konnte.
Zur Berechnung von Temperaturverläufen mit Simulation wird aus der thermischen Impedanz Zth(j-c) eine RC-Ersatzschaltung abgeleitet (Kap. 3.1.1.2). Drei RC-Glieder sind zur Nachbildung der thermischen Verhältnisse bis zur Gehäuseoberfläche ausreichend (Abb. 7.9). Wärmeleitwiderstände der Materialien und Übergangswiderstände werden zusammengefaßt, wo dies möglich ist. Zu den Impedanzen ist der Übergangswiderstand zwischen Gehäuse und Kühlkörper (Kk) hinzuzufügen.
Über diesen muß gleichermaßen die Wärme der IGBT
und Dioden abfließen. Bei der Anordnung der thermischen Ersatzschaltung
(Parallelschaltung/Reiheneschaltung) sind die Herstellerangaben zu den
Werten von Zth und Rth zu beachten. Mit Gleichung
(7.9) werden die ermittelten Verluste über eine Stromquelle als Wärmestrom
in die thermische Ersatzschaltung eingespeist.
Für die Beantwortung der Fragen 2-4 ist es zulässig die thermische
Kühlkörperkapazität als unendlich zu betrachten, d.h. der
Kühlkörper besitzt eine konstante Temperatur. Die Kühlkörpertemperatur
wird durch eine Gegenspannungsquelle in der Schaltung berücksichtigt.
Da mit dieser Schaltung keine elektrischen Schaltvorgänge mehr zu
simulieren sind, kann die Simulationsschrittweite an die thermischen Zeitkonstanten
angepaßt werden, so daß die Temperaturverläufe in Sekundenschnelle
vorliegen. Die Spannungen über den Ersatzkapazitäten entsprechen
der Temperatur im jeweiligen Material. Die Sperrschichttemperatur wird
über CthSi bzw. über der Verlustleistungsquelle abgelesen.
Die Ausgangsbedingung zur konkreten Beantwortung der eingangs gestellten
Fragen sind:
Die in Abb 7.10 dargestellten simulierten Temperaturverläufe wurden
für den Fall "Bauelement vorher unter Vollast" mit j(t0)
= 125°C und "Bauelement vorher in Ruhe" mit
j(t0)
= 90°C ermittelt. Die zulässigen Zeiten liegen im Beispielfall
für einen Strom von 35A zwischen 130ms und 2s. Das zunehmende
Tastverhältnis verkürzt die zulässige Zeit durch die zusätzlichen
statischen Verluste während der längeren Einschaltdauer
ebenso wie eine höhere Anfangstemperatur. In jedem Fall ist die Pulsung
des Gleichstroms von 35A unter diesen Bedingungen nur zeitlich
begrenzt zulässig. Eine Zerstörung des Bauelementes ist durch
eine Verringerung des Stroms oder durch das Herabsetzen der Kühlkörpertemperatur
zu verhindern.
Daraus
ergeben sich die weiteren Fragen 3
‘Welche Kühlkörpertemperatur muß gesichert werden, damit
der benötigte Strom von 35A fließen kann?' und 4
‘Welcher Strom darf bei der gegebenen Kühlkörpertemperatur von
90°C maximal fließen?'. Die Lösung der Frage 3 ist relativ
einfach durch stufenweise Reduktion der Spannung von Eth-Kk
in der thermischen Ersatzschaltung möglich. Dies geschieht solange,
bis der stationäre Endwert der berechneten Sperrschichttemperatur
unter der 150°C-Grenze bleibt. Viele Simulatoren bieten für solche
Aufgaben die Möglichkeit der Multisimulation, bei der einzelne Parameter
für verschiedene Simulationsläufe verändert werden können,
so daß aus der Lösungsschar die richtige Lösung ausgewählt
werden kann. Mit den oben ermittelten Beziehungen Pv = f(
)
wurde mit der thermischen Ersatzschaltung bei TV=0.5 eine maximale Kühlkörpertemperatur
von 72°C und bei TV=0.65 von 69,8°C ermittelt. Die Temperaturverläufe
der Sperrschichttemperatur bei
Kk
= 72°C und 69,8°C (Abb. 7.11) sind nahezu identisch.
Zur Beantwortung der Frage 4 ist
als Zwischenlösung eine Funktion j
(t ->
) = f (IC)
zu ermitteln, aus der dann der maximal zulässige Stromwert für
j
(t ->
) = 150°C abgelesen
werden kann. Aus Gleichung (7.7) kann für konstante Pulsfrequenz und
gleichbleibende Ansteuerbedingungen die Beziehung
abgeleitet werden. Zur Ermittlung der Konstanten K1 und K2 werden zwei
Punkte auf der Funktion benötigt. Einen liefert die Simulationen mit
Pv (IC =35A). Der Zweite erfordert eine weitere Simulation und
Verlustleistungsbestimmung mit einem kleineren Strom. Bei TV=0.5 erhält
man als Simulationsergebnis die stationären Sperrschichttemperaturen j
(35A)
= 171,5°C und
j
(25A)
= 146,6°C, so daß die Berechnung für K1 und K2 ergibt:
Die Lösung der quadratischen Gleichung mit den ermittelten Konstanten
für eine Temperaturdifferenz von 60K=150°C-90°C führt
zu einem zulässigen gepulsten Gleichstrom von 26,6A. Für das
TV=0.65 beträgt dieser Strom 25A. Eine Kontrollsimulation eines Einzelimpulses
und die Bestimmung der verursachten Verluste bestätigt diese Werte.
Der Temperaturverlauf der Sperrschichttemperatur ist ebenfalls in Abb.
7.11 dargestellt.
Es ist möglich, die von schnell schaltenden Leistungshalbleitern, wie dem IGBT, verursachten steilen Strom- und Spannungsflanken und die sich daraus ergebenden Belastungen für das Bauelement selbst und andere Schaltungskomponenten durch Simulation zu bestimmen. Grenzwerte werden von den Bauelemente-Herstellern vorgegeben. Mit Hilfe der ermittelten Schaltflanken können Untersuchungen zu Problemen der EMV, besonders leitungsgebundener Störungen und deren Bekämpfung, durchgeführt werden. Aus den realitätsnah simulierten Aus- und Eingangsgrößen von Stromrichterschaltungen sind über eine Fast-Fourier-Transformation FFT deren Oberschwingungsanteile zu berechnen, so daß bereits in der Entwicklungsphase eines Gerätes Maßnahmen zur Erfüllung vorhandener Richtlinien getroffen werden können.
Obwohl in der Tendenz die Schaltzeiten bei neuen Bauelementen immer weiter verkürzt werden, bleibt ihr Einfluß dennoch erhalten. Schaltzeiten spielen beispielsweise bei der Aktivierung eines Überstromschutzes mit VCE(sat) -Überwachung oder bei der Festlegung der Verriegelungszeiten tdv von Wechselrichtern eine Rolle. Bei PWM führt diese durch fehlende Einschaltzeit zu Amplitudenverlusten im Vergleich zum theoretisch möglichen Ausgangsstrom. Je höher die Pulsfrequenz, desto größer ist der Einfluß von tdv.
Mit dem für diesen Abschnitt ausgewählten Applikationsbeispiel sollen Aussagen zum Einfluß realer Schaltzeiten auf das Frequenzspektrum eines mit theoretischem Ansatz erzeugten Pulsmusters getroffen werden. Den leistungselektronischen Teil der Anwendungsschaltung bildet ein Einphasenwechselrichter einer Unterbrechungsfreien Stromversorgung USV, der mit einem nachgeschalteten Filter eine möglichst sinusförmige Ausgangsspannung liefern soll. Für einen einfachen Filteraufbau als Tiefpaß ist es notwendig, daß das Amplitudenspektrum der Ausgangsspannung des Wechselrichters einen hohen Anteil der Grundschwingung besitzt und Oberschwingungen mit niederer Ordnungszahl (3, 5, 7,...) möglichst nicht vorhanden sind. Höherfrequente, energieärmere Spannungsanteile lassen sich leichter herausfiltern. Ein für diesen Zweck theoretisch erstelltes Pulsmuster geht von idealen Schaltflanken aus. Praktisch vorhandene Schaltzeiten führen zu Überlappungen bei synchronen Ein- und Ausschaltvorgängen in einem Brückenzweig, so daß Verriegelungszeiten zur Vermeidung von Brückenkurzschlüssen notwendig sind. Die realen Schaltzeiten führen zu Änderungen am Frequenzspektrum. Das Ignorieren dieser Tatsache könnte unter Umständen zu fehlerhafter Filterauslegung führen.
Die zu lösenden Probleme lauten daher:
1. Mit welchem Pulsmuster können die Anforderungen an die Ausgangsspannung des Wechselrichters erfüllt werden?
2. Welche Verriegelungszeiten sind für einen sicheren Betrieb notwendig?
3. Sind nichterwünschten Oberschwingungen mit einer beachtenswerten Amplitude zu erwarten?
Die Art der Erzeugung der Ansteuersignale hat keinen direkten Einfluß
auf die Ausgangsspannung, so daß eine effektive Modellierung dieses
Schaltungsteils über Petrinetze (siehe
Kap. 3.1.2) erfolgen kann. Die Struktur der Netze ist in Abb. 7.13
nur angedeutet. Die Ansteuerwinkel
werden in Abhängigkeit zur Periodendauer der Grundfrequenz in Schaltzeiten
t
umgerechnet.
Zum Ende jeder Halbwelle schließt sich der Zustandgraph wieder am
Ausgangszustand Z0/M. In Z0/M wird nach jedem Durchlauf
der Schleife die Startzeit für die Ansteuerwinkel neu gesetzt und
die Polarität der Ansteuerspannung getauscht. In jedem Zustand werden
zwei im Wechselrichter diagonal gegenüberliegende Transistoren angesteuert.
Nach Ablauf der ersten Schaltzeit geht das System in den Zustand Z1
über und damit wechselt das Paar der angesteuerten Transistoren. Diese
Netzstruktur wird entsprechend der Anzahl der Ansteuerwinkel einer Halbwelle
fortgesetzt. Um später Verriegelungszeiten einfügen zu können,
sind Parallelstrukturen zu diesem Graph notwendig.
Die FFT der mit dieser Schaltung simulierten Ausgangspannung Va = 220V zeigt das erwartete Spektrum (Abb. 7.12). Oberschwingungen bis zur 13. Ordnung sind nicht enthalten. Um die FFT richtig durchführen zu können, sind einige Grundregeln der Signaltheorie zu beachten. Vor der Simulation muß sichergestellt werden, daß exakt ganze Perioden im eingeschwungenen Zustand mit ausreichend Stützstellen für die Analyse zur Verfügung stehen. Die Anzahl der Stützstellen richtet sich nach der Ordnung der auszuwertenden Oberschwingungen.
Das
Auftreten von Schaltzeiten fordert Verriegelungszeiten tdv zwischen
den Schaltvorgängen der Brückenhälften eines Brückenzweiges,
in der keiner der beiden Transistoren angesteuert wird. Anderenfalls erzeugen
der sich im Ausschaltvorgang befindliche Transistor und der gerade einschaltende
Transistor einen Kurzschluß (Abb. 7.14).
Eine niedrige Pulsfrequenz, wie oben ideal simuliert, erlaubt den Einsatz von Bipolartransistoren, allerdings schalten diese sehr langsam, so daß große Verriegelungszeiten notwendig sind, welche das ideal berechnete Pulsmuster zerstören. Der Einsatz von IGBT mindert diesen Nachteil, da auch höhere Pulsfrequenzen als im Beispiel angestrebt werden. Mit Hilfe der Simulation können die minimal zulässigen Verriegelungszeiten ermittelt werden. In der Schaltung nach Abb. 7.13 werden die Transistoren durch dynamische Modelle dieses Bauelementes ersetzt. Die Modelle sind für den ungünstigsten Fall zu parametrisieren, das heißt hohe Temperatur und maximale Kapazitäten für maximale Schaltzeiten. Der geeignete Gatevorwiderstand ist auszuwählen, wobei ein Kompromiß zwischen kurzen Delay-Zeiten und steilen Flanken von Strom und Spannung zu finden ist. Mit dynamischen Modellen ist die Simulation unter Einbeziehung von Streuinduktivitäten möglich, so daß induzierte Spannungsspitzen bei der Optimierung des Ansteuerkreises berücksichtigt werden können. Die notwendige Verriegelungszeit steigt wegen größerer Halbleiterkapazitäten mit der Ausgangsnennleistung der USV. Die störende Wirkung der Verriegelungszeiten nimmt mit der Anzahl der zu unterdrückenden Oberschwingungen (~Pulsfrequenz) zu.
Für
die Beispielsimulationen wurde der Einphasen-Wechselrichter für eine
Leistungsklasse bis 40 kVA dimensioniert mit den Parametern Va
= 220V, RG = 20
, VGG
= ±15V, IGBT-Module: SKM200GB101D (Semikron) und der Ordnung der
höchsten zu unterdrückenden Oberschwingung m = 13.
Die FFT der Ausgangsspannung weist eindeutig einen Anstieg der Amplituden der unerwünschten Oberschwingungen mit steigender Verriegelungszeit auf. Bei dieser Pulsmusterwahl und der für die Leistungsklasse großzügig bemessenen Verriegelungszeit von tdv = 10µs liegen sie aber immer noch in einem Bereich um 1% der Grundschwingung und stellen damit keine Störung dar. Es ist in diesem Bereich noch zulässig mit statischen Transistormodellen zu arbeiten. Als bestmögliche Verriegelungszeit wurde tdv = 5µs ermittelt.
Auf dieser Basis weiterführende Simulationsaufgaben können die Filterauslegung und eine Abstimmung des Pulsmusters mit der Grenzfrequenz des Filters sein. Eine Aufgabe, bei der dynamische Halbleitermodelle benötigt werden, ist das Bestimmen einer optimalen Pulsfrequenz, um die Verluste im Wechselrichter und im Filter als Gesamtschaltung zu minimieren.