10 Jahre Universitätsrechenzentrum


Auf dem Gebiet der Netze und Computer ist der Blick eher selten in die Vergangenheit gerichtet. Die stürmische Entwicklung unseres Arbeitsgebietes führt zu einer geringen "Halbwertszeit" des Wissens (und der Gerätschaften). Das erfordert ständig eine Beschäftigung mit neuen Dingen und eine Beurteilung ihrer Relevanz für die IT-Infrastruktur der TU Chemnitz.

Manchmal fragt man sich, warum es überhaupt noch Probleme beim Computereinsatz gibt, wo doch heute (fast) jeder Student oder Mitarbeiter auf seinem Tisch ungefähr die Rechenleistung zur Verfügung hat, für die man vor 10 Jahren einen CRAY-Supercomputer bemühen musste. Leider zeichnet sich unser Arbeitsgebiet auch dadurch aus, dass oft eine beträchtliche Kluft existiert zwischen vollmundigem Marketing-Versprechen und dem, was real funktioniert (und geliefert wird). Hier kann man nur auf der Grundlage substantieller Erfahrungen die Spreu vom Weizen trennen.

Ein Blick in die (kurze) Historie ist also gerechtfertigt und nützlich.
Vor der Bildung des Universitätsrechenzentrums als wissenschaftliche Einrichtung war die "große" Rechentechnik der "Sektion Rechentechnik/Datenverarbeitung" zugeordnet, aus der die Fakultät für Informatik hervorging. Zum Zeitpunkt der URZ-Gründung konnte sowohl bei den Organisationsstrukturen als auch hinsichtlich der technischen Ausrüstungen beinahe auf einer "grünen Wiese" angefangen werden. Diese Chance haben wir genutzt, indem die Arbeit von Anfang an nicht "rund um einen großen Rechner" organisiert wurde, wie das anderenorts noch bis weit in die neunziger Jahre hinein üblich war.

Das Hauptgewicht legten wir auf Netz- und Know-How-Infrastrukturen, was sich als sehr tragfähig erwies. So war schon bei der Gründung klar, dass der Begriff "Rechenzentrum" eigentlich der neuen Ausrichtung wenig gerecht wird. Mit Rücksicht auf damals gültige Ordnungen und Gebräuche haben sich aber alle (erst einmal) mit dem Namen arrangiert. Heute gibt es gute Aussichten, dass die neue und treffendere Bezeichnung KIK (Kompetenzzentrum für Information und Kommunikation) sich durchsetzen wird.

Wenn man die Historie "traditioneller" Rechenzentren betrachtet, trifft man üblicherweise auf die Erbfolge der Großrechner als Mittelpunkt des Betriebs. Bei uns kann man eher "Strategien" unterscheiden, die im Lauf der Zeit natürlich auch Änderungen unterlagen. So war die erste Phase durch einen Aufbau der internen und externen Internet-Konnektivität sowie erster Internet-Dienste gekennzeichnet. Der zu dieser Zeit von IBM gesponsorte "Mainframe" wurde gleich als Internet-FTP-Server und Softwarearchiv "missbraucht". Die konsequente Orientierung auf die zukunftsweisende Internet-Technologie (intern wie extern) hat der TU kosten- und zeitaufwendige Irrwege erspart, wie sie ansonsten (speziell in Europa) häufig gegangen wurden.

Eine wichtige Weichenstellung in der Mitte der neunziger Jahre war die konsequente Orientierung auf herstelleroffene Standards und "open source"-Software an jeder Stelle, an der dies praktikabel war. Auf diese Weise wird der Tendenz entgegengewirkt, dass die immer komplexeren Systeme ein undurchschaubares und in ihrem Verhalten schwer beherrschbares Geflecht von "Black Boxes" bilden. Das gilt hier primär für den Fachmann, aber auch beim Computeranwender spricht es sich langsam herum, dass die Menge der bunten Knöpfe es nicht unbedingt leichter macht, die Arbeit mit Computerunterstützung effizienter als ohne zu erledigen.

Die jünste Vergangenheit ist schließlich dadurch gekennzeichnet, dass die IT-Dienstleistungsidee sich nicht nur auf "eigene" Technik bezieht, sondern auch direkt in Fakultäten und der Universitätsbibliothek erbracht wird. Das Spektrum reicht dabei vom "einfachen" PC-Arbeitsplatz mit betriebssicherem Management bis hin zu speziellen, aber für die TU strategiebestimmenden Ressourcen wie dem CLiC-Supercomputer und Elementen der Informations-Infrastruktur.

Uwe Hübner, Mai 2001